Streit – Auseinandersetzungen


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Das Wochentipp – Thema:
Aus-ein-ander-setzen

Gut auseinandersetzen hilft zum guten Zusammensitzen.
Emil Gött (1864 – 1908), deutscher Dramatiker

Wer will schon immer schwer verdauliche Texte lesen, so dachte ich ganz frohsinnig – schreibe ich diese Woche doch mal etwas leicht Bekömmliches. Doch weit gefehlt, denn dies ist hier ja kein Ich-Wünsch-Mir-Mal-Was-Einfaches, denn leichten Fußes begleitete mich diese Woche eine fröhliche Aus-ein-ander-Setzung nach der anderen mit meinem Herzallerliebsten. Das wäre ja alles prima zu Händeln, wenn das Herzblatt das täte, was ich ihm sage, aber nee, der hat doch tatsächlich seine eigene Meinung und ich bin ja voll der Denkweise – er hört mir nicht zu.
Nun könntet ihr ja meinen, was interessiert mich deren Ehegeplänkel.
Jedenfalls so viel, auf dass ihr jetzt dem nun folgenden Wochentipp-Thema lustvoll lesend folgen dürft.
Denn nichts ist so sicher, wie das Amen in der Kirche:
Auseinandersetzungen finden tagtäglich in allen Bereichen unseres Lebens statt – nur die meisten nehmen diese als solche schon gar nicht mehr wahr oder sie sitzen Probleme, Konflikte, Widerworte, Widerstände und Krisen einfach aus und sind „vergesslich“…

Eine wirklich nutzbringende Streitkultur – ich glaube so etwas gibt es in meiner Wahrnehmung kaum.
Entweder es wird zu laut bei einer Auseinandersetzung oder zu schweigsam „gestritten“, noch eine delikatere Spielart heißt verleugnen oder etwas feiner – dafür aber herrlich ungesund – der Ärger wird unterdrückt und artet dann unterschwellig in Wut aus.
Diese bleichere Art von verleugnen bis hin zur Unterdrückung seiner Ärgernisse von konfliktscheuen Menschen ist eine äußerst beliebte Spielwiese in der Businesswelt, um ja nicht erst in der Auseinandersetzung die Zwietracht anzugehen. Stattdessen gibt es eine Menge drollig versteckter „Denkzettel“, welchen sich so manch einzelner Mitmensch da abwehrend bedient um seine Uneinigkeit, Enttäuschungen und seinen Groll „un-mutig“ herauszulassen. Naturlement, erhofft man dabei nicht erwischt zu werden, denn dann müsste man ja Tacheles reden und diskutierend Farbe bekennen.
Da gibt es unverkennbar viele schöne maskierte Spielarten wie z.B. dem Anderen Schuldgefühle zu vermitteln, mangelnde Kooperation zu unterstellen, Verweigerung im allgemeinem ist sehr beliebt, sich hinter anderen zu verstecken, aber auch bösartige, tückische „An-Schläge“ wie etwas nicht mitzuteilen, Anrufe zu vergessen, unvollständige Informationen weiterzugeben, jemanden auflaufen zu lassen usw. – es gibt ein unzähliges, unfassbares Sammelsurium an Hinweisen, die auf eine versteckte unbewältigte Konfliktbereitschaft hindeuten.
Was burn out oder mobbing betrifft, ist der Auslöser oft nicht die „überlastende, stressige Arbeit“, sondern der geschluckte Ärger, die unterdrückte Wut und der Rattenschwanz an unbewältigter Seelenhygiene, die den Menschen durch Konfliktvermeidung krank werden lässt…

Aber was ist denn nun die richtige Art um eine Auseinandersetzung zu führen?

Ich glaube, dies ist mal wieder für jeden Einzelnen sein ganz persönlicher „Teufelskreis“, denn jeder Mensch tickt ja bekanntlich anders und hat unterschiedliche Bedürfnisse. So manch negativer Situation stehen wir als Einzelner ohnmächtig, hilflos angespannt gegenüber – einer Lage, die der Einzelne jetzt oder generell nicht mehr ändern kann. Da wir Menschen aber das Gefühl brauchen einen nutzbringenden Anteil zu jedweder sich darstellenden Sachlage beizutragen, baut sich hier ein Interessenkonflikt auf. Manchmal endet es in der herkömmlichen Prägung des „Wer-lauter-schreit-hat Recht“, nur bringt dies einen nicht wirklich weiter. Es ist ein Hauch von Zeit, den wir einfach nicht wahrnehmen um unsere eigene soziale Kontrolle wahr zu nehmen und anzuwenden. Wir haben dies einfach nicht in der Kindheit gelernt…

Ich persönlich bin ein Fan von Ich-Botschaften.
Nun muss hier niemand denken, dass ich da immer weichgespült, sanftmütig, ach so schön sachlich daher komme. Niemand – außer ein paar, wie ich finde, veraltete Verhaltensbücher – haben dieses „immer schön sachlich bleiben“ als Regel aufgestellt.
Ich finde es viel gesünder achtsam bei mir zu bleiben, mich klar und respektvoll zu dem zu äußern, was mich nervt.

Es gibt sehr wohl eine Regel die da heißt:
„respektvoll miteinander zu kommunizieren…

Respekt bezeichnet eine Form der Wertschätzung, Aufmerksamkeit, Höflichkeit und Ehrerbietung gegenüber einem anderen Lebewesen.
Antonyme, also gegensätzliche Bedeutungen sind Respektlosigkeit, Missachtungen und gesteigerte Verachtung.

Achtung und Respekt sind das Fundament der Menschlichkeit,
der Begriff »Vorurteil« neutralisiert sich aus unserem Sprachgebrauch,
schließlich achtet und respektiert jeder Mensch sein Gegenüber … wenn er in den Spiegel schaut!

© Jan Mathes (*1962), freischaffender Schriftsteller und Lebenskünstler

Dafür darf ich sehr wohl auch wütend werdend meinem Liebsten meine Ich-Botschaft mitteilen wie zum Beispiel:
„Ich finde es total Scheibenhonig, dass wir wegen deiner Trödelei zu spät zu unserer Verabredung kommen.“
Ich finde Streit in Form von Aus-ein-ander-Setzungen im Alltagsleben völlig normal und auch wichtig, zeigt dies doch wo jeder Einzelne steht und ob er verletzt ist, von was auch immer.
Erfolg habe ich persönlich immer, wenn ich mich regelnd auf tragbare Kompromisse, Ausgleiche einlasse.
Etwas, was mich nervt, ärgert und was ich tatsächlich nicht ändern kann – interessiert mich nicht – ich verschwende meine Energie nicht in aussichtlose Kämpfe der Macht und der Rechthaberei…

Ich bin ein Freund davon es außerdem anzusprechen, dass mein Gegenüber eine Begebenheit anders sieht oder betrachtet und auch abweichend von mir darüber denkt. Dieses klar und deutlich auszusprechen, entspannt so manches Zusammentreffen. Das heißt nicht, dass ich immer nachgiebig bin, sondern ich setze mich nur dann streitlustig mit jemand auseinander, wenn ich von einer Sache überzeugt bin und ich auch den Preis meiner eventuellen „Niederlage“ bereit bin einzustecken.

Meine Devise lautet, wer sich ärgert, weil er ungerecht oder verletzend behandelt wurde, darf dies auch laut werdend vortragen.
Laut zu werden in der Ich-Botschaft heißt nicht eine respektlose Haltung dem anderen gegenüber an den Tag zu legen. Streit hat nun einmal fast immer mit „sich ärgern“ zu tun.
Stattdessen wäre es logischerweise gesünder im Vorfeld Probleme, die sich zeigen sofort anzusprechen.
Viele Nachbarschaftsstreitereien, Partnerkonflikte und kollegiale Schwierigkeiten könnten so im vornherein entschärft werden.
Das Einzige, was jeder Einzelne dazu benötigen würde, wäre den Mut zu einer Konfrontation aufzubringen.
Wenn kein tragfähiger Kompromiss in Sicht ist, dann gibt eben einer nach… ok, meist der Klügere …

Mir persönlich war meine Selbsterhaltung auch am Arbeitsplatz immer sehr wichtig, denn hier sind der Chef oder die Chefin keine wahren Partner für mich, um es bei Macht-Meinungs-Problemen zu einer echten auseinandersetzenden Kommunikation kommen zu lassen. Meinungen zu äußern ist dabei ok – nur hier herrscht keine wirkliche Begegnung auf Augenhöhe, hier muss ich selbst in der Lage sein, Grenzen zu erkennen und auch selbst zu ziehen.
Ich habe viele schreiende, rechthaberische Choleriker erlebt, aber diese hatten keine wirkliche, greifbare Konfliktlösung im Sinn. Hier hilft nur sich umzudrehen und zu gehen, um den anderen sich auspowern zu lassen, denn es ist seine Gesundheit die er sich ruiniert.
Eine existente, wahre Auseinandersetzung ist immer lösungs- und ergebnisorientiert zum Wohle beider Parteien.

Meine Lieben, wer mich kennt weiß, dass ich eine Freundin von Konsequenzen bin, welche im Ernstfall auch vollzogen werden. Das heißt im Klartext, ich mache immer eine klare Ansage über das, was mich stört und was passiert, wenn sich dieses oder jenes nicht ändert und ich halte mich auch daran, wenn dies gegebenenfalls seine Umsetzung fordert.
Vermeintliche Kränkungen, die nicht kommuniziert wurden, lassen es oft zu verdeckten Machtkämpfen kommen, den anderen dann auflaufen zu lassen, ist besonders perfide. So kommt es zu keiner echten Aus-ein-ander-Setzung und schon gar nicht zu einem befriedigenden erlösenden Ergebnis.
Lasst uns lieber zu unseren eigenen Bedürfnissen schauen und diese mit Entschiedenheit und gesunder innerer Haltung durchsetzen, denn wer mit sich einigermaßen im Reinen ist, wird weniger schnell beleidigt sein, sondern er wird bestrebt sein, dem Anderen seinen Standpunkt zu lassen und sich bemühen dessen Gefühle und Reaktionen zu verstehen.  
Wer sich seinen eigenen Widerstand gegen jede Art von Konflikt bewusst macht und nach einer für sich eigenen persönlich tragbaren, passenden Strategie-Streit-Möglichkeit forscht, wird sich späteren Problemen oder Konflikten, bei Bedarf einer Aus-ein-ander-Setzung mutig diskutierend stellen und das fühlt sich dann aber so was von einem lustvoll sich selbst überwindenden, selbstbewussten, erfolgreichen GUUUUT an.

Der Ausgangspunkt

Mit Menschen,
die uns besonders nahestehen,
müssen wir uns ganz besonders auseinandersetzen.
© Ernst Ferstl (*1955), österreichischer Lehrer, Dichter und Aphoristiker, Quelle: »einfach kompliziert einfach«

Eine wohlig beliebte Spielart

Vergesslichkeit wird oft als Entschuldigung vorgeschoben,
um sich mit einem Konflikt oder Problem nicht auseinandersetzen zu müssen.
© Carola Hofmann

 

dazu eine großartige Metapher

 

Bisweilen stelle ich mir die Farben als lebendige Gedanken vor,
Wesen reiner Vernunft, mit denen ich mich auseinandersetzen kann.
Paul Cézanne (1839 – 1906), französischer Maler

Aus-ein-ander-setzende geistige Arbeit

Wir sollten uns zukunftsorientiert
mit dem Universum gedanklich auseinandersetzen.
Es ist nur noch eine Frage des Zeitpunktes, an dem wir erkennen,
dass wir bei der Vermutung der Wahrscheinlichkeit,
intelligentes Leben zu finden, erkennen,
dass wir unser vertrautes und selbstbezogenes Vorstellungsvermögen überwinden müssen.

© Gabriel Michael Triebstein (alias), (*1937), Reisebegleiter, Popartkünstler, Publizist

Die Dichtkunst
bildet zusammensetzend den krönenden Abschluß

Ein gutes Wort,
eine nette Geste…

… ein Schritt
weiter ins helle Fehl der
Menschlichkeit.

Einmal auseinandersetzen in ruhigem Gespräch.
Nicht einander zusetzen im Streit…

…ein Takt
mehr in die
Friedensmelodie.

Einmal etwas mehr geben,
ein wenig verzichten…

…ein Licht
mehr in der dunklen
Gerechtigkeitsecke.

Einmal mehr versuchen,
zu verstehen…

…ein Grad plus
weiter fort vom
Gefrierpunkt des Liebesthermometers.

Einmal mit offenen Augen
durch die Welt gehen,
sehen, dass es noch andere
und anderes gibt.

Und du sagst, du kannst nichts tun!

© Kristiane Allert-Wybranietz (*1955), deutsche Dichterin und Lyrikerin, Quelle: »Trotz Alledem«, lucy körner Verlag

 Ich wünsche euch
für die Zukunft ein respektvolles Auseinandersetzen
bei euren folgenden genussvollen Diskussionen
herzlichst eure Ute Weiss-Ding