Shoppen ist angesagt


15 wo shoppen

Shoppen ist angesagt…

Gute Frage vor dem Einkaufen:
Brauche ich das und wenn wofür, für wen oder für was?

Denn:

Eigentum ist nur dasjenige, was keinen Ansprüchen und Gefahren unterworfen ist.
Buch des Kabus eigentlich Kabus-Nameh, persische Weisheitsliteratur des 11. Jahrhunderts

Meine liebe Physiotherapeutin Frau Zimmermann, war gerade an einem meiner schmerzhaften neuralgischen Punkte meines Körpers angelangt und teilte mir aufreizend munter plaudernd ihre Wochenendvergnügungen mit.
Worte wie Bikinihaus und Zoo Palast erreichten matt meine Ohren. Mich vom schmerzhaften Geschehen ablenkend, dachte ich: so ein Trip hinein in den neuen Charme von Lifestyle-Ambiente, wäre sicherlich inspirierend lustig. Immerhin hat mich diese Ecke von meiner Kindheit an begleitet, ist doch interessant, ja so waberten meine Gedanken. Abends rief dann mein Schwesterchen an und meinte: hast Du schon gehört das „bla bla“ hatte Eröffnung, wollen wir nicht shoppen gehen. Ok, ich hatte verstanden, Wink des Schicksals, Samstag „Shopping-Tag“…
Shoppen der erste Akt: Bikini Haus!
Was mich erwartete war ein aufgehübschter aber sehr wohl erhaltener „50er Jahre-Schick“ im Außen.

Endlich war er hinfort dieser ramschige, verstaubte Billigläden-Anblick, welcher mich jahrelang immer hatte  schaudernd wegblicken lassen.
Shoppen der zweite Akt: Innenleben – sowohl als auch, im Außen die Dachterrasse und innen der fiktive Wandel des neuen Warenaustausches genannt Handel.

Nun geschwind die wirklich bequemen Treppenstufen hinauf und schon durften wir an der wohligen neuen Art von Erlebniskultur teilhaben – Ach Mensch – Berlin wat wirste lahm und stubenrein, der Biss ist irgendwie raus, allet so clean und doch auch wieder schöööön. Salonfähig, unverdächtig auf „Kultur“ getrimmt mit Kommerz geschmückt, pardon, bestückt und schon haben wir das, was man uns wohlig vermitteln möchte, dieses uns einbindende ungeschliffene, markante, aber ach so kultivierte  „neue“ Lifestyle-Gefühls-Gemauschel.

Rechts der Zoo, ach wie niedlich die eingesperrten Affen und links der Handel mit den flanierenden Zweibeinern.
Trotz des all zu offensichtlich Gewollten, ich finde das ist eine witzige gelungene Mischung; ich fand es lustig, entspannend und anregend. Nichts, was ich nicht schon gesehen hätte und trotzdem anders als die anderen 67 (in Worten: siebenundsechzig!) Center dieser Stadt. Ein Schelm, der weiter böses dabei denkt und glaubt die City-West-Nostalgie kehrt zurück. Nee und nochmals nee, diese Zeiten sind vorbei und zwar endgültig, auch trotz eines hingeklotzten Waldorf -Astoria mit seiner historisierenden, inspirierenden Berliner Caféhauskultur des Romanischen Cafés…
Ob das Bikini Haus aber das wird, was es gerne vom Ansatz her sein möchte, nämlich als Trendsetter neue Maßstäbe zu setzen, wird wohl oder übel die Zeit zeigen. Es ist wie es ist, eben eine Begegnungsstätte, die von der Wechselwirkung von Angebot und Nachfrage, des Wollens, des Brauchens, des Wünschens, des sich Zeigens und des Geldumlaufes lebt, tja und alles hat eben seinen Preis.
Das (billigere?) leicht veraltete Europacenter mit Saturn versus das innovative neuzeitliche (teurere?) Bikini Haus mit Cyberport auf der anderen Straßenseite und wir alle mittendrin in der shoppenden „Verkaufsschlacht“…

Shoppen der dritte Akt: die Quintessenz
Da bisher nur 85 % der Verkaufsflächen vermietet sein sollen, hoffe ich auf ein mehr an Substantiellem und Originellem von Ware und vor allem Kunst und Kunsthandwerk (nicht nur in Form von Mode), auf dass sich das wirklich wieder zu einer Institution des westlichen Berlins hin entwickeln kann.

Denn weshalb gehe ich shoppen/ einkaufen?
Ich möchte schauen um zu entdecken, ich möchte anfassen um zu erfahren und ich darf forschen um meine Neugier zu befriedigen. Damit meine Augen, meine Ohren, meine Nase, meine Hände und mein Mund, wenn ich das denn möchte, hier genussvoll auf ihre Kosten kommen dürfen.

Meine Lieben, gehet und schaut selbst, lasst euch neugierig verführen oder auch nicht, ergreift und begreift, um dann (vielleicht) zum Ende hin unendlich lustvoll, genüsslich den Abschluss eures „Shoppingtages“ schmausend mit einem unendlich zufriedenen Guuuut ausklingen zu lassen. Was soll ich schreiben für mich hat sich der Sonnabend inspirierend, von allem etwas bekommend, ausgesprochen genussvoll – GUUUUT angefühlt…

Achtung hier kommt der Nachtisch…
Warum heißt das Bikini Haus – Bikini Haus?

Oben was und unten was und in der Mitte nichts –  wie beim Bikini – deshalb hatten die Berliner den Bau so benannt.
Das in der Mitte, dieses „Nichts“  – war ein offener Laubengang, welcher 1978 geschlossen wurde und einer Kunsthalle Platz verschaffte. Jetzt wurde die Mitte als Ladenzeile ausgebaut und der eingeführte Name wurde natürlich beibehalten.

Vergnügliches und zugleich Nachdenkliches als Dessert

Einzelnachweis: Originaltext auf der  Website der Bayerischen Hausbau nach zu lesen:
Die Vermarktung begann im März 2010 im Rahmen der internationalen Fachmesse MIPIM in Cannes.
Dabei wurde erstmals die Marke BIKINI BERLIN präsentiert. „Kern der Marke BIKINI BERLIN ist das Motto ‚Lebe anders’. Dieses steht für Lebensfreude, intelligenten Konsum, Wohlstand ohne schlechtes Gewissen und für nachhaltiges Wachstum“, erläutert Dr. Jürgen Büllesbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bayerischen Hausbau. „BIKINI BERLIN verkörpert als Oase inmitten der Großstadt die Werte Respekt, Persönlichkeit,
Kreativität und Leidenschaft.“

Wow – ein Tempel für Menschen mit Geld, sehr viel Geld, denn die Preise der Händler im Bikini Haus sind wohlweislich dem gutsituiertem Lifestyle Publikum angemessen vorbehalten, welche die shoppen ohne sich dabei ein schlechtes Gewissen zu machen…
Ich bin offensichtlich etwas rückständig, ich kann dieses Wort „Nachhaltigkeit“ als leere Worthülse nicht mehr hören.
Gewissenlosigkeit finde ich übelst. Upps, sich bloß nicht mit Ungerechtigkeit der Verteilung auseinandersetzen…
Ich bin als Tochter eines Lebensmittelkaufmannes damit groß geworden und zwar erzieherisch lernend und danach ausübend, dass ich meine Umwelt zu schonen habe und dass die Ressourcen dieser Welt nicht unendlich sind, denn Gewissenlosigkeit macht alle krank.  
Toll dass es jetzt für Werte wie Respekt, Persönlichkeit, Kreativität und Leidenschaft eine Oase gibt.
Ich hoffe, ich finde diese dort noch irgendwann…
Was ist eigentlich mit intelligentem Konsum gemeint?
Denn Konzepte zu schreiben ist das eine – diese auch lebendig gelebt umzusetzen – das andere!
Also, der größte Teil der echten Berliner (oh je, wir sind offensichtlich die weniger intelligenten und somit gehören wir eh nicht zur Zielgruppe) ist einer der kiekt, staunt und dann da kooft wo es am billigsten (sorry, am preiswertesten) ist…
Der „intelligente“ Tourist findet eh alles ganz schick und kauft…mit oder ohne Wertvorstellungen…oder?
Eines haben der Berliner und der Berlin-Tourist dann hoffentlich gemeinsam: die Lebensfreude.

Was ich Euch für diese Woche wünsche?
Lächelnde „shoppende“ Zufriedenheit mit
einer genussvollen Shopping-Tour und tollen Einkäufen
herzlichst Eure Ute Weiss-Ding