Einfach so – so einfach
Luxus und das Tao
Duden: lateinisch luxus, zu: luxus = verrenkt, ausgerenkt und eigentlich = Verrenkung (im Sinne von »Abweichung vom Normalen«)
Interessant: Weitere Interpretationen zu lateinisch luxus: Ausschweifung, Pracht, Aufwand
Die vom Wortstamm verwandte Luxuria / Genusssucht, Luxus, Verschwendung, Überfluss,
Und: Verschwendungssucht zählt zu den sieben Todsünden.
Kennt ihr solch ein Dilemma auch? Ich suchte vor ein paar Tagen eine bestimmte CD und war überzeugt, dass ich sie in der Umgebung meines Schreibtisches verlegt hätte. Also fing ich an alles rund um den Schreibtisch abzusuchen – nichts gefunden. Danach kamen die CD-Regale dran, auch hier nichts entdeckt – dafür alles neu sortiert. Ehegatten genervt, ob er die CD gesehen hätte – natürlich nicht! Wieder zurück zur Ausgangsstelle und den Bücherschrank gleich mit aufgeräumt – die CD blieb verschwunden. Dafür habe ich eine Karte mit einem Spruch entdeckt der mich heiter nachdenklich stimmte:
Charakter:
neben dem Geist wohl der einzige Luxus,
den man bis heute nicht kaufen kann.
© Peter Rudl (*1966), deutscher Aphoristiker
Ein interessantes Thema für einen Nachdenker dachte ich so bei mir. Heute, als ich mich zum Schreiben an den PC setzte, einen Blick links in das Bücherregal warf, um mir noch ein Buch heraus zu nehmen, was fiel mir ins Auge – meine vermisste CD. Ich hatte dieses Regal mindestens zweimal abgesucht und nun lag sie völlig unschuldig neben den Büchern. Da verstehe einer meine Suchaktion…
Kismet, vielleicht sollte ich mich mit dem Thema Luxus beschäftigen, wer weiß?
Materieller Luxus oder Immaterieller Luxus?
Angefangen bei der Polarisierung von arm versus reich, ergibt sich sicherlich beim Einschätzen von materiellen Luxus, bei dem ein oder anderen eine Schieflage in der Betrachtungsweise. Wohlhabende, sehr reiche Menschen (die extrem reichen machen ein Tausendstel der Weltbevölkerung aus) werden unter diesem Begriff „Luxus“, somit etwas anderes verstehen, als Lieschen Müller oder Otto Normalverbraucher zu denen eben der größte Teil der Bevölkerung auf diesem Planeten zu zählen ist.
Verbunden in der Sache, egal ob arm oder reich, der Wortlaut „Luxus“, hat für jeden einzelnen Menschen auf dieser Welt seinen eigenen begehrenswerten Klang. Wünsche oder Vorstellungen betreffend „Luxus“ sind somit ein Ausdruck des persönlichen Lebensstils.
Wie die „wohlhabenden Reichen“, so möchten auch Lieschen und Otto gerne ihre erfolgreichen Errungenschaften und Statussymbole präsentieren. Luxus-Gegenstände, Symbole für Status und Erfolg werden gerne auch als Belohnung eingesetzt. Solange es nicht in Dekadenz entartet, finde ich das Streben nach materiellem Luxus ausgesprochen menschlich beseelt. Wird eine luxuriöse Lebensart, aber so zelebriert, dass man den Bezug zu seinen „weniger bemittelten Mitmenschen“ verliert, dann zeigt sich das oft in einem Ausdruck von Überheblichkeit und Unverständnis gegenüber diesen weniger gut Betuchten.
Nachdenker zum Thema luxuriöser Lebensweisen:
Upps, mein Lieblingsthema Bildung – Luxus pur sind Eliteschulen und Eliteuniversitäten. Der Bildungs-Auslese stehen Millionen Menschen auf dieser Welt mit geringer bis keiner Bildung gegenüber.
Gäbe es Bildung für alle, dann würde sich meiner Ansicht nach, ein Arm-Reich-Gefälle in dieser Art und Weise, wie es sich bis dato in unserer Außenwelt präsentiert, nicht darstellen …
Diejenigen, die es geschafft haben, wie auch immer, sind alsdann Eigentümer von exklusiven Wohnsitzen, Luxuskarossen, edlem Geschmeide, teurer Markenkleidung, Yachten und Konsumenten von Luxusreisen, ausgesuchten Speisen und Getränken. Das ist rundum luxuriös … denn mit materiellem Luxus lebt es sich sicherlich angenehmer, nur auf wessen Kosten so manch einer luxuriös lebt – bleibt dahin gestellt …
Bei luxuriösen caritativen Veranstaltungen mit Spendensammlungen und steuermindernden Spendenbescheinigungen sei auch hier die Frage erlaubt: Cui bono? Wem zum Vorteil?
Zur Zeit der Renaissance haben sich die Päpste, der Vatikan nur so mit „Luxus“ umgeben und ausgestattet, wohl wissend, dass die große Masse der Menschen dem folgt, der Reichtum symbolisiert. Der wenig gebildete Mensch des 16. Jahrhunderts folgte daher dem, der es verstand sich im Außen im luxuriösesten Glanz und Gloria darzustellenden. Denn, was er selbst nicht hatte, den „sich im Außen zeigenden Reichtum“, dem schloss er sich folgend an. Er fühlte sich zugehörig zum Kreis des „Luxus“ – seine Zugehörigkeit ließ ihn am Glanz der vergoldeten Kirchendarstellungen im Außen teilhaben. Diesem goldenen Kalb zu folgen – dies hält offensichtlich bis ins heutige 21. Jhdt. an, nur ist es heute nicht mehr die Kirche, sondern – entscheidet selbst wem die Masse heute nachrennt…
Ich finde das – © Christian Wiethe – ein Biologie-Student es sehr treffend formuliert hat:
Die reichen Menschen dieser Welt finanzieren sich ihren Luxus – Bezahlen müssen ihn andere.
Erkennungszeichen sind exklusive Marken, die klar anzeigen, was man sich an Luxus so alles leisten kann. Ich denke schon, dass Luxusmarken als Merkmal der Individualität im Außen verwendet werden, um sich selbst „aufgewertet“ zu präsentieren und um zu zeigen wie man sich von der „Masse“ abhebt, gleichzeitig sich aber paradoxerweise in ein Heer Gleichdenkender einreiht, was die Markenpräsenz ja zeigt.
Auf der einen Seite individuell sein und auf der anderen Seite mit „dazu gehören“…
Per se nichts Verwerfliches, solange jeder einzelne denn da weiß wozu er was im Außen mit seinen Luxus-Gegenständen darstellend so aussendet. Sich bewusst damit auseinander zu setzen, wozu und wieso ich jetzt das dritte Markentäschchen unbedingt haben möchte, halte ich für hilfreich, um heraus zu bekommen, ob genau dieses Täschchen mir wirklich hilft meinen eventuellen Mangel an Selbstwert oder Selbstbewusstsein auszugleichen. Vielleicht wären ein paar Stunden bei einem guten Psychotherapeuten ein gewinnbringenderer „Luxus“, um mein Selbstwertgefühl neu definieren zu können… dann brauche ich in Zukunft vielleicht einen eher immateriellen „Luxus“ an Wunscherfüllung…
Fein, dass dieses Spiel des Konsumierens von Luxusgütern nicht ausschließlich verstandesmäßig gesteuert wird. Nein, das Heer der unbewussten Motive hat eine starke Zugkraft, die Menschen nach Luxuskonsum streben lässt, angefangen bei sozialer Zugehörigkeit, sich wert geschätzt, mächtig oder geliebt zu fühlen. Luxusgüter leisten dabei gute Dienste um im Außen Ansehen zu erlangen und Macht auszuüben. Menschen folgen gerne demjenigen, der durch eine luxuriöse Imagepflege Bedeutung und Wichtigkeit ausstrahlt.
Ich als bekennende Freundin von sinnbildlichen Symbolen im Außen, glaube, dass wir Menschen uns genau die Luxusgüter zur Außendarstellung anschaffen, welche die gewünschten oder fehlenden Eigenschaften im Inneren dann äußerlich symbolisieren. Ich persönlich liebe es mich mit schönen Dingen zu umgeben. Bewusst wohl wissend um meine mich motivierenden Vorlieben und wünschenden „emotionalen“ Motive … habe ich mir materielle-Luxus-Symbole in Form von Möbeln, Schmuck, Figuren, Bildern usw. im Außen manifestiert. Diese im Außen dargestellten „Symbole“ haben mir lange Zeit geholfen, mich mit meinen eigenen verdrängten Gefühlen und unangenehmen Charakter-Eigenschaften auseinander zu setzen.
Damals war es hilfreich für mich – heute hinterfrage ich, ob ich das, was ich wünsche auch wirklich brauche oder ob sich etwas anderes hinter meinen Wünschen verbirgt …
Ein Hoch also auf „materiellen Luxus“ solange man sich den leisten kann. Ich kenne genug Menschen die sich ihre luxuriösen Wünsche auf „Pump“ erfüllen. Nun, es ist ihre Art mit „kostspieligem Luxus“ verschwenderisch umzugehen. Ich persönlich kann es nicht verhindern, wenn meine Mitmenschen dies so handhaben. Auch wenn es mich und andere Menschen nicht schädigt, so begeben sich diese Mitmenschen doch selbst in unnötige Abhängigkeiten.
Wenden wir uns dem immateriellen Begriff von Luxus zu.
© Erhard Blanck (*1942), deutscher Schriftsteller und Maler meint dazu wie folgt:
„Was ist Luxus?
Etwas zu haben, was nicht jeder hat.
Dann ist Verstand auch schon Luxus.“
Autsch, ich glaube, dass alle Menschen Verstand haben. Bei manchen ist er halt nur etwas eingeschränkt. Ich musste lächeln, als ich diesen Ausspruch gelesen habe und fand ihn widerspruchsvoll sinnig. Denn bei all dem, was mir da so tagtäglich an Nachrichten entgegen schwappt, ist ein funktionierender „Verstand“ tatsächlich brauchbarer „Luxus“.
Husch, zurück zum Thema. Was ist denn nun immaterieller Luxus? Für mich persönlich, heißt dies Zeit für mich zu haben, um mich mit all den Dingen zu beschäftigen, die mich interessieren – Luxus pur. Heute, mit zunehmendem Alter, empfinde ich eine funktionierende Partnerschaft schon recht luxuriös. Ok, den Luxus immer wieder daran zu arbeiten, erlauben sich mein Ehemann und ich damit es auch so bleibt. Wir beide wollen nicht darauf warten bis der Tod uns scheidet, wie – Charles Baudelaire (1821 – 1867), französischer Dichter und Ästhetiker so schön meinte:
Dort (im Paradies) ist nur Schönheit, Luxus, Ruhe und Wohlgefallen.
Gute Freunde, eine liebevolle Familie, Gesundheit, Zeit zu haben für die schönen und wichtigen Dinge des Lebens – das bedeutet für mich wahren „Luxus“, dieser ist nachhaltig, ethisch und exklusiv. Ein immaterieller „Luxus“ den ich mir nicht mit Geld kaufen kann… Diesem Luxus bleibe ich treu… und weiter geht es mit dem Vers 77 des Tao Te King, mit einer moderneren Übersetzung. Lasst uns gemeinsam erkunden – das Tao – das Unbenennbare, der Sinn …
Vers 77 des: „Tao Te King – Daodejing“
(ausgesprochen: Dau De Ging: d.h. „das klassische Buch vom Sinn und Leben“)
Lasst das Leben des Ursprünglichen Tao uns ein Beispiel sein.
Derjenige, der Menschen Gewalt antut, sie demütigt und ausraubt —
widersetzt sich dem Tao.
Aber derjenige, der nie selbstsüchtig handelt,
der seinen Überschuss an Andere abgibt,
der Taten nicht um des Ruhmes willen durchführt,
der in Ruhe ohne weltliche Leidenschaften lebt,
der in die zärtliche und feine Stille des Tao eintaucht und Menschen,
die es verdienen, auf diesem Pfad hilft —
solch eine Person wird dem Tao ähnlich.
Ausgabe von Wladimir Antonow, Übersetzt aus dem Englischen ins Deutsche von Kathrin Laich “New Atlanteans”, 2008 ISBN 978-1-897510-42-1 © Antonow W.W., 2010.
Zwei von Nietzsches Weisheiten zum Abschluss:
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen.
Denn
Wer einen eigenen Willen in die Dinge zu legen hat,
über den werden die Dinge nicht Herr.
Friedrich Nietzsche
Ich wünsche euch euren authentischen,
sinnlichen persönlichen „Luxus“ zu finden und zu genießen
herzlichst eure Ute Weiss-Ding