Das Wochentipp – Thema:
HassLiebe
In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte,
sein Hassen und sein Lieben deutlich geschrieben.
Sein innerstes Wesen, es tritt hier ans Licht –
doch nicht jeder kann’s lesen, versteh’n jeder nicht.
Friedrich Martin von Bodenstedt (1819 – 1892), deutscher Philologe, Übersetzer und Intendant in Meiningen
Einkaufen ist für mich äußerst beglückend, wenn ich weiß, was ich will.
Noch mehr liebe ich es, wenn ich weiß, wo ich meine Begehrlichkeiten mit Sicherheit erhalten werde. In diesem Falle bin ich einer Einkaufstour liebevoll zugeneigt.
So geschehen am Montag. Ich liebe das Dinkelbrot aus unserer Bäckerei dem „Brotkorb“ in der Reichsstraße.
Auf dem Weg dorthin, komme ich an einem großen Blumenladen vorbei und was sehe ich dort in Massen stehen: die herrlichsten Weihnachtssterne in vollster Farbenpracht mit ihren roten, rosa und weißen Blütenblättern. Weihnachtssterne – schon flammte die Begehrlichkeit „will ich haben“ in mir auf.
Nun ja, es gibt da ein klitzekleines Hindernis, denn auf der einen Seite liebe ich diese filigrane Pflanze, vor allem diese großen üppigen und auf der anderen Seite hasse ich sie, je länger sich diese dann in meiner Obhut befindet.
Jawohl, ich kann hier von einer emotionalen Weihnachtsstern Liebe-Hass-Wechsel-Beziehung sprechen, pardon schreiben, welche sich mal in Zuneigung und mal in Abneigung bei mir äußert.
Der Weihnachtsstern und mich verbindet eine Hassliebe seit Weihnachts-Jahrzehnten. Jedes Jahr auf ein Neues findet er für einige Zeit seinen Weg zu mir, um mich erst zu entzücken und dann fertig zu machen.
Ich liebe ihn besonders in seiner klassischen leuchtend roten Farbe.
Diese prachtvollen roten Blätter, die mich zum Kauf verführen, um mich dann daheim erschauern zu lassen, wenn er langsam seine Blätter von sich wirft. Ich hege ihn, ich pflege ihn, ich besprühe ihn, ich spreche mit ihm und wie dankt mir dieses undankbare Geschöpf von Weihnachtsstern diese von mir ihm angedeihende Fürsorge – er welkt weiter vor sich hin und wirft noch mehr Blätter von sich. Erst eins – dann zwei – dann immer mehr, bis er als unansehnliches Strauch-Gerippe dasteht und entsorgt werden muss.
Traumatisches Fazit meinerseits: Keiner meiner Weihnachtssterne liebte mich und dankte mir meine Zuneigung! ABER ich kann nicht ohne ihn.
Also werde ich mir einen meiner geliebt gehassten Christsterne nächste Woche zulegen und hoffen, dass er bis Weihnachten durchhält…
Wie schon George Bernard Shaw in einem seiner Zitate erkannte:
Wenn du damit beginnst, dich denen aufzuopfern, die du liebst,
wirst du damit enden, die zu hassen, denen du dich aufgeopfert hast.
Ach meine Lieben, wie mit dem Weihnachtsstern bei mir, so geht es wohl in unser aller Leben auch mit der Liebe und dem Hass durchgängig Hand in Hand weiter.
Ob lebendige Wesen oder Sachwerte – Liebe und Hass sind die Hörner am selben Stier. Aus China
Mal mehr oder weniger – Liebe und Hass sind zwei Seiten die zusammen gehören, wie Krankheit und Gesundheit…
Nicht mit dir aber auch nicht ohne dich, wie vielen Menschen geht es so?
Bei meiner Hassliebe Weihnachtsstern – ist die Beziehung offensichtlich einseitig oder doch nicht? Denn immerhin erfreut mich der Gute ja eine Zeit lang recht erbaulich und ich habe ja auch Freude daran den Weihnachtsstern möglichst lange in meinem Besitz zu halten.
Upps, Besitz – besitze ich ihn wirklich?
Ich glaube nein, denn wir besitzen außer unserer nackten Existenz nichts wirklich hier auf dieser Erde.
Der Christstern hat seinen Weg zu mir gefunden und ich zu ihm.
Also ist aufopferungsvolles Handeln, in dem Falle aufopferndes Pflegen, nicht empfehlenswert, wenn es dann in einer Hassliebe zum Weihnachtsstern endet.
Pflegen und hegen, ja, für ihn sorgen, ja und das, weil ich auch so für mich sorge, indem ich mich an ihm mit seinen herrlichen prachtvollen roten Blättern erfreue, solange er mich ihn umsorgen lässt…
Meine Lieben, wie ihr seht, ist das mit der Hassliebe kein so einfaches Thema, denn noch vieles gäbe es da zu betrachten und zu erkennen. Nur für heute lasse ich es erst einmal genug sein.
Ihr alleine bestimmt die Richtung wohin in eurem Leben eure hassenden und liebenden Aufmerksamkeiten fließen.
Hass und Liebe sind zwei Kräfte deren Richtungen nur entgegensetzt gerichtet sind.
Hass die Gegenkraft sucht Streit.
Besser, viel besser – setzt eure persönliche Kraft ein, um euch miteinander liebevoll zu verständigen, das ist Liebe.
Bewusstes Verstehen lässt liebevolles Handeln entstehen und so sorgen wir für uns und unsere Mitmenschen verantwortungsvoll, ohne uns aufzuopfern und etwas zurück zu fordern.
Das fühlt sich dann aber so was von einem befreienden, anziehend zärtlichen, der Liebe vollen GUUUUT für uns selbst sorgen zu können an.
Meine Hassliebe gegenüber Weihnachtssternen erlaube ich mir allerliebst aufzulösen hin zur „verständnisvollen Liebe“ – auch wenn dieser Christstern beschließt mich Blätter werfend verlassen zu wollen …
Ich liebe mich – ich hasse mich
Ich bin überzeugt, man liebt sich nicht bloß in anderen,
sondern hasst sich auch in anderen.
Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799), deutscher Physiker und Meister des Aphorismus, Quelle: »Vermischte Schriften«, 1856
Ich hasse und ich liebe.
Warum ich das tue, fragst Du vielleicht.
Ich weiß es nicht; aber dass es so ist, das fühle ich,
und es reißt mich entzwei.
Gajus Valerius Catull (87 – 54 v. Chr.), römischer Lyriker
Gewaltige Liebe – furchtbarer Hass
Die Gewaltsamkeit der Liebe
ist ebenso zu fürchten wie die des Hasses.
Henry David Thoreau (1817 – 1862), US-amerikanischer Philosoph, Naturalist, Schriftsteller und Mystiker
Der Weg der Erkenntnis
Man kann etwas erst lieben oder hassen,
wenn man genaue Kenntnis davon hat.
Leonardo da Vinci (1452 – 1519), italienisches Universalgenie, Maler, Bildhauer, Baumeister, Zeichner und Naturforscher
Weltbefreien kann die Liebe nur, nicht der Hass, der Sklave der Natur.
Nikolaus Lenau (1802 – 1850), österreichischer Dichter und Lyriker, Quelle: »Versepen, Die Albigenser, Nachtgesang«, 1842
Macht der Einsicht
Liebe und Hass sind nicht blind,
aber sie sind geblendet von dem Feuer,
das sie selber mit sich tragen.
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 – 1900), deutscher Philosoph, Quelle: »Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister.
Erster Band. Neuntes Hauptstück. Der Mensch mit sich allein«, 1878-1880
Ich wünsche euch sinnliche Ereignisse für diese Woche
um eure zwei Seiten von Liebe und Hass
genussvoll in eurem Leben spüren zu können
herzlichst eure Ute Weiss-Ding