Die Schwanenfrau


Neugierde und ihr Preis.
Der Treue und Liebe Lohn.

Schwan mit rahmen

Ein Märchen nach Josef  Haltrich

Es war einmal:

  • Ein großer, starker, schöner junger Mann, der seine arme Mutter verließ um in der Fremde zu arbeiten.
  • Im ersten Jahr hütete er Schafe für einen Gutsherrn und als er bei der Ernte auf dem Felde war, sah er einen wunderschönen weißen Vogel.
  • Als er ihn fangen wollte verirrte er sich dabei in einem Wald aus dem er nicht mehr herausfand.
  • Da sah er in der Ferne ein Licht und kam so zu einem Schloss in dem ein alter Mann wohnte. Dem erzählte er, wie er in den Wald gelangt war und bat um eine Übernachtung.
  • Dies gewährte ihm der Alte und bot ihm an, dass, wenn er ihm treu für ein Jahr dienen würde, er ihm dafür zu dem weißen Vogel verhelfen würde. Dies aber mit dem Gebot, dass er in alle Zimmer gehen dürfte, aber nicht in das letzte. Der Junge willigte gerne ein, um zu dem Vogel zu gelangen.
  • Jeden Morgen ging der Alte aus dem Schloss und kehrte spät abends heim und jedes Mal erneuerte er das Gebot, nicht in das letzte Zimmer zu gehen.
  • Bis auf den letzten Tag vom Dienstjahr hielt sich der Junge an diese Anordnung, aber am letzten Tag wurde er von Neugierde nur so übermannt und diese ließ ihm keine Ruhe.
  • Zu guter Letzt gab er nach und steckte den Schlüssel ins Schloss ein und öffnete die Türe des letzten Zimmers, trotz des Befehls.
  • Als er in das Zimmer eintrat sah er einen großen Saal, in dessen Mitte sich ein blauer Teich befand und darüber blauer freier Himmel; im Teiche aber waren drei wunderschöne Schwanenjungfrauen, die badeten.
  • Als diese den Jungen erblickten, verwandelten sie sich flugs in drei Schwäne und flogen von dannen.
  • Der Junge ward so erschrocken und kehrte voller Angst zurück. Als der alte Mann heimkehrte, erzählte er ihm voller Reue was er getan hatte.
  • Der Alte rechnete es dem Jungen hoch an, dass er ihm gleich alles gestanden hatte und verzieh diesem auf Grund seines Schuldbewusstseins das Gebot verletzt zu haben.
  • Und weil der Junge den Fehler gestanden und bereut hatte, willigte er auf den Vorschlag des Alten ein, noch ein Jahr lang bei diesem treu zu dienen, um dann den Vogel zu erhalten.
  • Von nun an hatte die Neugierde keine Gewalt mehr über ihn.
  • Als das Jahr vorüber war, folgte er dem Alten in das verbotene Zimmer und dort waren die drei wunderschönen Jungfrauen und badeten. Welche sich alsbald in drei weiße Schwäne verwandelten und davon flogen.
  • Der Alte wollte wissen, welche der drei dem Jungen am besten gefallen habe. Dieser meinte die Jüngste.
  • So sollte er des Abends in das Zimmer gehen; da würde er unter dem Bett drei Schachteln finden; die, welche in der Ecke läge, solle er zu dem Alten bringen.
  • Zum Abschied solle er die Schachtel nehmen und ohne seinen Blick nach hinten zu wenden, nach Hause zu seiner Mutter gehen und Hochzeit halten. Die Jungfrau werde ihm auf dem Fuße folgen. Er müsse aber wenn er zu Hause angelangt wäre die Schachtel wie seinen Augapfel hüten und auch bei allem Bitten und Betteln seiner Braut, diese ihr nicht aushändigen. Denn wenn er dieses tun würde, werde er die Jungfrau für immer verlieren.
  • Da er für seine Neugierde hart gebüßt hatte und dieses nicht vergessen hatte, befolgte er die Anweisung des Alten und kam unbeschadet bei seiner Mutter an.
  • Wo er dann die wunderschöne Jungfrau sah, die er überglücklich küsste. Es wurde Verlobung gehalten und der Junge ward ganz selig; aber die Jungfrau war traurig und niedergeschlagen.
  • Nichts, was er anstellte konnte sie erheitern und als er sie verzweifelt fragte, was er denn noch tun könne, sprach sie: ,,So gib mir meine schönen Kleider, die in der Schachtel sind!“
  • Er zögerte lange, lange; endlich siegte die Treue und übergroße Liebe zu seiner Braut. Er öffnete die Schachtel und als er das Kleid heraus nahm, griff sie schnell danach, warf es sich über und ward sogleich ein Schwan und flog durch den Ofen zum Schornstein hinaus.
  • Voller Schmerz lief der Junge in den Wald zu dem alten Mann und erzählte ihm von seinem Leid. Er sagte dem Alten, dass er alles tun wolle um seine geliebte Verlobte wieder zu finden.
  • Der alte Mann teilte ihm mit, dass sie weit weg auf einer Insel hinter dem Meer von einem siebenköpfigen Drachen bewacht werde, dass es schwer wäre überhaupt diese Insel aufzufinden und dass der Drache äußert gefährlich wäre und ihn umbringen würde.
  • Aber der Junge ließ sich nicht abschrecken und wanderte sieben Jahre in der Welt umher, ohne das Meer zu entdecken.
  • Als er völlig erschöpft war und schon dachte er wäre des Todes, da hörte er hinter einem Hügel mächtigen Lärm, welcher immer näher kam. Dann sah er drei mächtige Hünen, welche einander hin und herzerrten.
  • Er fragte sie worum es bei der ganzen Prügelei denn ginge und ob er nicht helfen könne diesen Streit zu beenden.
  • Hocherfreut berichteten ihm die Hünen worum es sich handele: Es gäbe drei Teile, derjenige, welcher diese drei Stücke zusammenhängend besitzt, könne damit die schönste Jungfrau, die auf der Insel über dem Meer gefangen liegt, erretten und würde mit ihr ein großes Königreich erwerben.
  • Es handele sich dabei um das Kostbarste in der Welt: um einen Mantel, der den, der ihn trägt unsichtbar macht, um einen Hut, der den der ihn aufsetzt überall hinführt, und um ein Schwert, womit der der es führt alles besiegen kann.
  • Als der Junge dies vernahm, schöpfte er sofort Hoffnung und sagte den Hünen, sie sollen alle drei Stücke herbeibringen und dann miteinander darum kämpfen.
  • Die sehr einfältigen Hünen brachten sogleich Mantel, Hut und Schwert zu ihm hin und fingen im Nu an sich zu raufen.
  • Der Junge ergriff schnell das Schwert, warf den Mantel um und setzte den Hut auf, wünschte sich schnell auf der Insel zu sein und so schnell konnte niemand schauen, fort war er und die dummen Hünen hatten die Nachsicht.
  • Auf der Insel angekommen, legte der Junge den Hut und Mantel ab, nahm nur das Schwert und ging zur Burg.
  • Da lag der Drache vor der Burg und sonnte sich. Er roch den Jungen, aber dieser war so was von schnell und hieb unerschrocken mit dem Schwert dem Drachen seine sieben Häupter ab.
  • Er hüllte sich darauf schnell wieder in seinen Mantel, dann eilte er in das Kastell, nahm die Schachtel mit den Kleidern und warf sie ins Meer. Dann legte er den Mantel ab und zeigte sich der Jungfrau, seiner Braut, sie erkannte ihn sofort und war nur noch glücklich ihren Bräutigam zu sehen und ihn zu herzen.
  • Dank seines Wunschhutes konnte er geschwind seine Mutter auf die Insel holen, dann wurde Hochzeit gefeiert und er wurde König über die ganze wunderschöne Insel und alle Schätze, welche dem Drachen gehört hatten.
  • Und wenn sie nicht gestorben sind – dann leben sie noch heute auf der fernen sonnigen schönen Insel…


Was nehme ich mir mit?

Ich finde Neugierde ist an und für sich eine feine Sache, da diese den Horizont erweitert, wohl aber ist darin auch das Wort „Gier“ enthalten und dann sieht die Sache schon weniger rosig aus.
Denn alles, was mich neugierig umher treiben lässt, dessen darf ich mir gewiss sein, hat seinen Preis. Also immer hübsch weiter denken, was passiert, wenn ich dies oder das tue? Bin ich bereit mit den sich mir darstellenden Perspektiven leben zu können?
Eine meiner Lieblingsfragen lautet: Brauche ich das?
Meine Lieben, bleibe ich mir
bewusst selbst treu und liebe ich das, was ich mache – dann fühlt sich das aber so was von einem köstlich herrlichen GUUUUT in meinem Leben an.