Die Qual mit der Wahl, dazu Strategeme – Täuschungsmanöver – listige Listen


Einfach so – so einfach
die verschleierten
Täuschungsmanöver und die listige List
&
dazu die Strategeme:
Das Werk,
die Kunst
von der Schöpfung
und
dem Schaffen
der List.
Der archaische Katalog mit seinen 36 chinesischen Strategeme
ist der Gegenpart zur listigen westlichen Welt.
Strategeme sind das verborgene Programm
in der chinesischen Gedankenarbeit.
Eine Beschreibung der 36 Strategeme s. u. in der PDF-Datei.

Wie schrieb schon Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832):
List hat in der Welt so viel erreicht.
&
Die Vorsicht stellt der List sich klug entgegen.

Giovanni Battista Piranesi, 1720-1778, listig verwirrend- Strategeme

Fern dem grausamen Alltagsleben-
kommen gar wohlig verpackt in einem Märchen der Brüder Grimm
– die Täuschungsmanöver TM – die List L – die Strategeme-Auflösung

Das Rätsel

Es war einmal ein Königssohn, der bekam Lust, in der Welt umherzuziehen, und nahm niemand mit als einen treuen Diener. Eines Tags geriet er in einen großen Wald, und als der Abend kam, konnte er keine Herberge finden und wusste nicht, wo er die Nacht zubringen sollte. Da sah er ein Mädchen, das nach einem kleinen Häuschen zuging, und als er näherkam, sah er, dass das Mädchen jung und schön war. Er redete es an und sprach „liebes Kind, kann ich und mein Diener in dem Häuschen für die Nacht ein Unterkommen finden?“ – „Ach ja,“ sagte das Mädchen mit trauriger Stimme, „das könnt ihr wohl, aber ich rate euch nicht dazu; geht nicht hinein.“ – „Warum soll ich nicht?“ fragte der Königssohn. Das Mädchen seufzte und sprach „meine Stiefmutter treibt böse Künste, sie meints nicht gut mit den Fremden.“

Da merkte er wohl, dass er zu dem Hause einer Hexe gekommen war, doch weil es finster ward und er nicht weiterkonnte, sich auch nicht fürchtete, so trat er ein. Die Alte saß auf einem Lehnstuhl beim Feuer und sah mit ihren roten Augen die Fremden an. „Guten Abend,“ schnarrte sie und tat ganz freundlich TM 1, „lasst euch nieder und ruht euch aus.“ Sie blies die Kohlen an, bei welchen sie in einem kleinen Topf etwas kochte. Die Tochter warnte die beiden, vorsichtig zu sein, nichts zu essen und nichts zu trinken, denn die Alte braue böse Getränke.

Sie schliefen ruhig bis zum frühen Morgen. Als sie sich zur Abreise fertig machten und der Königssohn schon zu Pferde saß, sprach die Alte „warte einen Augenblick, ich will euch erst einen Abschiedstrank reichen. L 1 Während sie ihn holte, ritt der Königssohn fort, und der Diener, der seinen Sattel festschnallen musste, war allein noch zugegen, als die böse Hexe mit dem Trank kam. „Das bring deinem Herrn,“ sagte sie, aber in dem Augenblick sprang das Glas, und das Gift spritzte auf das Pferd, und es ward so heftig, dass das Tier gleich tot hinstürzte. Der Diener lief seinem Herrn nach und erzählte ihm, was geschehen war, wollte aber den Sattel nicht im Stich lassen und lief zurück, um ihn zu holen. Wie er aber zu dem toten Pferde kam, saß schon ein Rabe darauf und fraß davon. „Wer weiß, ob wir heute noch etwas Besseres finden,“ sagte der Diener, tötete den Raben und nahm ihn mit.

Nun zogen sie in dem Walde den ganzen Tag weiter, konnten aber nicht herauskommen. Bei Anbruch der Nacht fanden sie ein Wirtshaus und gingen hinein. Der Diener gab dem Wirt den Raben, den er zum Abendessen bereiten sollte. Sie waren aber in eine Mördergrube geraten, und in der Dunkelheit kamen zwölf Mörder und wollten die Fremden umbringen und berauben. Ehe sie sich aber ans Werk machten, setzten sie sich zu Tisch, und der Wirt und die Hexe setzten sich zu ihnen, und sie aßen zusammen eine Schüssel mit Suppe, in die das Fleisch des Raben gehackt war.

Kaum aber hatten sie ein paar Bissen hinuntergeschluckt, so fielen sie alle tot nieder, denn dem Raben hatte sich das Gift von dem Pferdefleisch mitgeteilt. Es war nun niemand mehr im Hause übrig als die Tochter des Wirts, die es redlich meinte und an den gottlosen Dingen keinen Teil genommen hatte. Sie öffnete dem Fremden alle Türen und zeigte ihm die angehäuften Schätze. Der Königssohn aber sagte, sie möchte alles behalten, er wollte nichts davon, und ritt mit seinem Diener weiter.

Giovanni Battista Piranesi, 1720-1778, die Technik der List…

Nachdem sie lange herumgezogen waren, kamen sie in eine Stadt, worin eine schöne, aber übermütige Königstochter war, die hatte bekanntmachen lassen, wer ihr ein Rätsel vorlegte, das sie nicht erraten könnte, der sollte ihr Gemahl werden: erriete sie es aber, so müsste er sich das Haupt abschlagen lassen. Drei Tage hatte sie Zeit, sich zu besinnen, sie war aber so klug, dass sie immer die vorgelegten Rätsel vor der bestimmten Zeit erriet. Schon waren neune auf diese Weise umgekommen, als der Königssohn anlangte und, von ihrer großen Schönheit geblendet, sein Leben daransetzen wollte.

Da trat er vor sie hin und gab ihr sein Rätsel auf, „was ist das,“ sagte er, „einer schlug keinen und schlug doch zwölfe.“ Sie wusste nicht, was das war, sie sann und sann, aber sie brachte es nicht heraus: sie schlug ihre Rätselbücher auf, aber es stand nicht darin: kurz, ihre Weisheit war zu Ende. Da sie sich nicht zu helfen wusste,
L 2 befahl sie ihrer Magd, in das Schlafgemach des Herrn zu schleichen, da sollte sie seine Träume behorchen, und dachte, er rede vielleicht im Schlaf und verrate das Rätsel.
Aber TM2 der kluge Diener hatte sich statt des Herrn ins Bett gelegt, und als die Magd herankam, riss er ihr den Mantel ab, in den sie sich verhüllt hatte, und jagte sie mit Ruten hinaus.

In der zweiten Nacht schickte die Königstochter L 3 ihre Kammerjungfer, die sollte sehen, ob es ihr mit Horchen besser glückte, aber der Diener TM 3 nahm auch ihr den Mantel weg und jagte sie mit Ruten hinaus. Nun glaubte der Herr für die dritte Nacht sicher zu sein und legte sich in sein Bett, L 4 da kam die Königstochter selbst, hatte einen nebelgrauen Mantel umgetan und setzte sich neben ihn. Und als sie dachte, er schliefe und träumte, so redete sie ihn an und hoffte, er werde im Traume antworten, wie viele tun.

TM 4 Aber er war wach und verstand und hörte alles sehr wohl. Da fragte sie „einer schlug keinen, was ist das?“ Er antwortete „ein Rabe, der von einem toten und vergifteten Pferde fraß und davon starb.“ Weiter fragte sie „und schlug doch zwölfe, was ist das?“ – „Das sind zwölf Mörder, die den Raben verzehrten und daran starben.“

Als sie das Rätsel wusste, wollte sie sich fortschleichen, aber er hielt ihren Mantel fest, dass sie ihn zurücklassen musste. Am andern Morgen verkündigte die Königstochter, sie habe das Rätsel erraten, und ließ die zwölf Richter kommen und löste es vor ihnen. L 5 Aber der Jüngling bat sich Gehör aus und sagtesie ist in der Nacht zu mir geschlichen und hat mich ausgefragt, denn sonst hätte sie es nicht erraten.“
Die Richter sprachen „bringt uns ein Wahrzeichen.“ Da wurden die drei Mäntel von dem Diener herbeigebracht, und als die Richter den nebelgrauen erblickten, den die Königstochter zu tragen pflegte, so sagten sie „lasst den Mantel sticken mit Gold und Silber, so wirds Euer Hochzeitsmantel sein.“

TM1      – Strategem 16 – Will man etwas fangen, muss man es zunächst loslassen – Herzgewinnungs-Strategem.
L1           – Strategem 17 – Einen Backstein hinwerfen, um einen Jadestein zu erlangen – Köder-Strategem
L 2/3/4Strategem 21 – Die Zikade entschlüpft ihrer goldglänzenden Hülle – Strategem der Befreiung aus einer prekären Situation
TM 2/3 Strategem 31 – Das Strategem der schönen Frau – Lockvogel-Strategem
TM 4     – Strategem 35 – die Strategem-Verkettung
und L 5 Strategem 35­ – Das Verkettungs-Strategem,  Strategem einer Aneinander Koppelung, die das Gegenüber lahmlegt.

Giovanni Battista Piranesi, 1720-1778, listige Treppen…

Fazit:
Im Scheine der List, so scheint, dass da nichts ist.
Listigkeit beschreibt ein listiges Vorgehen.
Jemand der List oder Täuschungsmanöver anwendet,
ob seines raffinierten Vorgehens,
über den mag man sich entrüsten oder ihn bewundern. 
Fakt ist, dass jeder von uns bewusst oder unbewusst
sich oft listig oder täuschend verhält.
Ethisch einwandfrei:
Offen und ehrlich vorzugehen.
Dennoch:
Um ein Ziel zu erreichen,
bedarf es oft der Listigkeit gepaart mit ehrlicher Wahrhaftigkeit.
Diesem Wissen, um das,
was ich denn da treibe in meinem Dasein mit mir und meinen Gegenüber.
 Denn dann ist Listigkeit ein wahrhaft kluges Vorgehen
und besser, viel besser
als ein provokantes oder gewaltsames Vorgehen. 
Die „List als solche“ ist meist
negativ moralisierend und wertend bei uns besetzt.
Tugendfragen möge sich ein jeder selbst stellen und beantworten.
Doch könnten wir viel von der Strategem-Anwendung der Chinesen lernen.  
Die Qual mit der Wahl:
Cui buno – »Wem zum Vorteil?«
Listiges Vorgehen und Täuschungsmanöver sind in der
politischen Landschaft ständig mit dabei.
Lug und Trug gesellen sich gleich mit dazu.
So bleiben wir wachsam und machen uns vertraut mit
dem Katalog der 36 Strategeme, denn dann können wir
Ordnung in die vielen listigen Geschehensabläufe bringen
und den Gesamtzusammenhang viel besser erkennend verstehen.
Und das meine Lieben, das fühlt sich dann einfach so – so einfach
nur so was von einem freien, lebendigen, selbstsicheren und
selbstbestimmten GUUUUT in unser aller Leben an.

* Bedenkzeit – jedes Strategem besitzt auch ein Gegen-Strategem.
Drum bedenke klug der menschelnde Mensch:
Jede seiner Ausführungen hat Konsequenzen mit im Gepäck.
Also prüfe der menschelnde Mensch klaren Kopfes
die auslösende Wirkung a priori – im Vorhinein:

Kann ich das, was ich auslöse und bewirke
 auch auf Dauer ertragen und aushalten?


Giovanni Battista Piranesi, 1720-1778, Gefängnis der Fantasie

Info:

Harro von Senger – die Kunst der List, Strategeme durchschauen und anwenden, ISBN 3-406-47568-X

Sunzi – die Kunst des Krieges, ISBN 3-426-66645-6

Alle Märchen der Brüder Grimm – https://www.grimmstories.com/de/grimm_maerchen/index

Bilder: Giovanni Battista Piranesi, 1720-1778, italienischer Kupferstecher, Archäologe, Architekt und Architekturtheoretiker

PDF 36 Strategeme: 36 Strategeme – Beschreibung