Das schmerzliche am Schmerz


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Das Wochentipp – Thema:
Das schmerzliche am Schmerz

„Willst du den Körper heilen, musst du zuerst die Seele heilen.“
Platon

Denn

Schmerz klammert sich ums Herz.
Alter Spruch

Das vorangegangene Wochentipp-Thema hatte sich mit der Wut beschäftigt und als Ansatz kam schon der Schmerz zu Worte. Deshalb ist es für mich einfach so – so einfach folgerichtig über Psychosomatik und den seelischen Emotionalen Schmerz nachzusinnen und zu schreiben.

Was ist unter Schmerz als Emotion zu verstehen?

Emotion ist eine Empfindung, eine seelische Bewegung.
Aus den zwei griechischen Worten psyche = Seele und soma = Körper setzt sich das Wort Psychosomatik zusammen und bezeichnet ein Zusammenspiel von körperlicher Erkrankung und seelisch belastenden Geschehnissen.
Eine Emotion wie die Wut kann zu einer körperlichen Reaktion wie z. B. Bluthochdruck führen und so kann z. B. Überlastung, die in welcher Form auch immer erfahren wird, in uns eine bestimmte seelische Reaktion, in diesem Falle hilflose Wut auslösen.
Für die vielfältige Ansammlung von Schmerzen, welche sich in der emotionalen und körperlichen Interaktion befinden, gibt es viele Denkansätze, aber auf die Psychologie bezogen, gibt es keine allgemein gültige erklärende Begründung dafür und in Folge dessen gibt es auch kein einheitliches Konzept, welches verbindlich behandelnd von der therapeutisch psychologischen Seite her angewandt wird.

Den folgenden Satz soll der, der Migräne resigniert ergebene, Sigmund Freud gegenüber dem Schriftsteller Stefan Zweig geäußert haben, als er einen mittleren Migräneanfall hatte:

„Ich ziehe es vor, bei Qualen klar zu denken und lieber zu leiden“.

Nach dem heutigen Wissensstand wissen wir, dass es besser ist die Qualen zu meiden, denn sie könnten sich sonst mit ihren schmerzhaften Erfahrungen verhaftet, wunderbar locker in unserem Schmerzgedächtnis abspeichern… sehr ungesund…

Was ich denke, ist, dass bestimmte persönliche Eigenschaften, wie z. B. schnell verletzt zu sein, zu perfektionistisch, zu ehrgeizig zu sein, etc., dieses bei einzelnen Menschen deren Krankheit mitbelasten kann, aber ich glaube nicht, dass diese Eigenschaften eine Krankheit auslösen können. Wohl aber habe ich schon oft bei mir selbst bemerkt, dass „meine Nase zuging“, wenn ich von einer Situation oder einem Menschen „die Nase voll“ hatte.

Kein Mensch wird mit Krankheiten als Folge von dem, was er in seinem Leben so anstellt bestraft.
Ich glaube an die Gene, die körperlich weichenstellende Vererbung innerhalb der Familien in Verbindung mit der lebensweisenden Führung meinerseits, welche meine mich stressenden oder krankmachenden Glaubensmuster zu entschlüsseln mit beinhaltet und das alles wäre im Gesamten zu betrachten.
Dazu gehört, dass ich meine Seele, meinen Geist und meinen Körper klar halte, indem ich mir meine Gedanken, mein Denken und meine Zellerinnerungen durchgängig anschaue. Das was mir bewusst ist, kann ich dann hin zu meiner Gesundung mit meiner geistigen und körperlichen Arbeit an mir korrigierend verbessern.

Schmerzempfindung körperlicher Natur und Seelenschmerz werden in der gleichen Gehirnregion verarbeitet; zwar sind ein körperlicher Schmerz wie eine Gallenkolik und ein emotionaler Schmerz in Form von Herzschmerz vom Schmerzempfinden her unvergleichlich und dennoch verläuft die Gehirnaktivierung in die gleiche Richtung.

Zur Info: Gespräche über Schmerzen erhöhen das Schmerzempfinden…

Ich persönlich verbinde mit dem Begriff vom emotionalen Schmerz, den empfundenen Schmerz, der unbewusst in mir aufgeht und der sich ab und an dunkel erahnen lässt, diesen Schmerz, den ich verneine, weil ich ihn nicht fühlen, nicht spüren will, weil ich mich fürchte ihn nochmals zu durchleben.

Dieser verdrängte Schmerz fordert dennoch, aus dem Unterbewusstsein aufsteigend, sein Recht auf Beachtung ein. Dumm nur, wir erahnen nicht einmal, dass er dort weiterlebte und nach Zuwendung heischt.
Und trotzdem spüren wir ihn, er macht sich immer wieder mal bemerkbar.
Dieser verdrängte Schmerz ist immer gut zu Gange, wenn alles so herrlich glatt routiniert in meinem Leben verläuft und meine Achtsamkeit sich mal schnell von dem, was ich tue unkonzentriert abwendet. Da kann es Hals über Kopf wie aus dem Nichts auftauchend zu einem „Unfall“ kommen, egal in welcher Art.

Es sind meine unbewussten, irgendwann einmal, in früherer Zeit als zu überwältigend, zu bedrohlich für mich  empfundenen Gefühle wie Trauer, Traurigkeit, Wut, Angst, welchen ich damals Widerstand in Form von verleugnen oder wegsperren dieser Gefühle geleistet habe – abgeschnitten vom Fühlen und Spüren – artig versenkt …
Schön verpackt im dunklen Untergrund meines Unterbewusstseins lauern die weggezerrten Emotionen darauf sich wieder zeigen zu können. Immer mal wieder bahnen sich diese als unangenehm empfundene Gefühle ihren Weg in mein Bewusstsein und sie zeigen sich in neuen Situationen, aber ähnlich den alten schon durchlebten und wollen endlich beachtet und aufgearbeitet werden.

Emotionen wie Trauer, Wut, Traurigkeit und Angst, denen ich vor sehr langer Zeit offenbar Widerstand durch Verdrängung geleistet hatte, werden mich so lange unbewusst begleiten und Dinge tun lassen, welche ich nicht verstehe, bis ich mich meinem alten vergrabenem emotionalen Seelenschmerz stelle.
Diese Empfindungen sind individuell so unerträglich, dass sie dennoch als emotionaler Schmerz empfunden werden. 

Solche starken Gefühle wie Trauer zu empfinden, aber auch Traurigkeit nach Verlust auszuleben, wollen ausgedrückt werden, stattdessen macht das jeder mit sich selbst aus und schweigt.
Wer traut sich denn wirklich seine Wut auszudrücken?
Über Gefühle wird nicht geredet und es wird von einem erwartet, bitte schön gleich wieder zu funktionieren.
Ich sehe heute noch Eltern, welche ihren Kindern deren Wutausbrüche durch anschreien und prügeln versuchen auszutreiben. Ein Kind kann so nicht lernen mit Wut angemessen umzugehen und zu leben. Die Wut wird weggesperrt und verdrängt. Durch das sich Abwenden von allem was seelisch weh tut und Schmerz bereitet wird Widerstand schon in Kindertagen geboren. Der körperliche Schmerz ist irgendwie besser zu ertragen und vor allem zu kommunizieren, da vertretbarer.

Meine Lieben, an dieser Stelle möchte ich euch nochmals einen meiner Lieblings-Sinnsprüche ans „Herz“ legen, denn vollkommener als Patrick Ellinger kann ich es selbst nicht ausdrücken und er beschreibt das, was ich nicht nur glaube, sondern weiß:

Schmerz ist kein Gefühl – keine Emotion.
Schmerz ist eine Befindlichkeit oder Empfindung
Schmerz ist der Widerstand gegen das Gefühl – gegen das Fühlen unserer ungeliebten und verhassten Emotionen.
Nicht das Gefühl schmerzt, sondern der Widerstand
gegen das bewusste Fühlen löst den Schmerz aus.
Wenn du gegen eine Betonmauer rennst,
wirst du Schmerz empfinden.
Je mehr du dagegen rennst, umso mehr Schmerz wirst du haben.
Hörst du auf, gegen die Mauer zu rennen,
hört der Schmerz sofort auf.
Die Mauer ist zwar immer noch da, aber sie schmerzt nicht.
Die Mauer (das Gefühl) will nur angenommen sein, anerkannt, wahrgenommen und bejahend gefühlt werden.

Da ist sie, die als zerstörerisch empfundene Wut, sie wird meist als erstes geleugnet, ABER dahinter liegt noch tiefer vergraben die schmerzende Trauer, getrieben von bewussten und auch unbewussten Ängsten.

  • Trauer um die z. B. nicht erhaltene Liebe des Vaters …
  • Trauer um das Nicht-Erreichen von Erwartungen und Ansprüchen – diesem ich werde nie gut genug sein …
  • Trauer um fehlende Anerkennung … etc.

Unerlöst – unbekannt, dümpelt so die Trauer vor sich hin, sie entwickelt sich zu einem emotionalen Schmerz und zeigt ihr Gesicht dann in dieser neuen Gestalt – der Wut.
Die Wut wiederum wird unterdrückt, weil diese, sobald sie sich zeigt nicht gelebt werden darf – ab mit ihr ins Unterbewusstsein.
Wenn ich mir so manche (Sport)-Veranstaltung mit einer einhergehenden Verwüstung anschaue, Männer die ihre Frauen oder Kinder schlagen und auch umgekehrt, kann man ahnen wie die Wut unerkannt und unbewusst von Zeit zu Zeit im Außen sich zeigend sich ihren Weg gebahnt hat …

Ich selbst habe Jahre lang den Schmerz nicht benennen können und bin immer in meiner Wut stecken geblieben und habe durchaus „schmerzlich“ gespürt, dass hinter der Wut sich noch mehr verbirgt.
Erst das intensive Auseinandersetzen und mein Erlauben diese meine Wut im Innern anzunehmen und angemessen auszuleben, haben mir meinen dahinterliegenden Schmerz zugänglich werden lassen und die darin verborgene Trauer um … zu fühlen und zu spüren.

Ich bin eine Verfechterin für das bewusste Fühlen und Spüren.
Ich weiß, dass es nur einen Weg gibt um sich seinem eigenen unbewussten emotionalen Seelenschmerz zu stellen und der ist bei weitem nicht so dramatisch, wie wir uns das innerlich ausmalen.
Bewusstwerdung wird sicherlich unterschiedlich schmerzlich empfunden, aber das was ich nach einem Tal der Tränen am anderen Ende erreiche, belohnt mich und lässt mich frei fühlen, erlaubt mir verzeihen zu können, meine Lebensfreude wahrlich zu genießen, Großzügigkeit, Geduld und Toleranz spürend, fühlend zu erleben.
In seiner Lebensenergie angekommen zu sein und die Leichtigkeit seines Seins spürend zu genießen, das fühlt sich dann für jeden einfach nur GUUUUT an. 

Schmerz ist …

Der Schmerz ist Leben.
Johann Christoph Friedrich von Schiller (1759 – 1805), deutscher Dichter und Dramatiker, Quelle: Schiller »Wilhelm Tell«, 1804

 

und

 

„Das Gewissen“, sagte einmal ein alter Indianer,
„ist ein kleines dreieckiges Ding in meinem Herzen.
Es steht still, wenn ich gut bin.
Tue ich aber Böses, dreht es sich,
und die Kanten tun dann sehr weh.
Am schlimmsten ist es aber,
wenn ich oft böse bin,
denn dann stumpfen die Kanten ab,
und ich spüre die Schmerzen nicht mehr.“
Indianische Weisheit

Nietzsches Ansicht zu Schmerz
gemeinsam mit Schopenhauer und Malvida

Schmerz ist der letzte Befreier unseres Geistes.
Er allein zwingt uns in unsere letzten Tiefen zu steigen.
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 – 1900), deutscher Philosoph und Schriftsteller

 

der Schmerz mit der Polarität im Bunde

 

Mut zum Leiden. –
So wie wir jetzt sind,
können wir eine ziemliche Menge von Unlust ertragen,
und unser Magen ist auf diese schwere Kost eingerichtet.
Vielleicht fänden wir ohne sie die Mahlzeit des Lebens fade:
und ohne den guten Willen zum Schmerze
würden wir allzu viele Freuden fahren lassen müssen!
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 – 1900), deutscher Philosoph, und Schriftsteller, Quelle: Nietzsche »Morgenröte. Gedanken über die moralischen Vorurteile«, 1881

 

Unmäßige Freude und sehr lebhafter Schmerz
finden sich immer nur in derselben Person ein:
Denn beide bedingen sich wechselseitig
und sind auch gemeinschaftlich durch große Lebhaftigkeit des Geistes bedingt.
Arthur Schopenhauer (1788 – 1860), deutscher Philosoph, Quelle: Schopenhauer »Die Welt als Wille und Vorstellung«, Leipzig: F. A. Brockhaus, 1819

 

dazu die Worte Malvidas

 

Nur dann ist es der Mühe wert zu leben,
wenn man dem Leben seinen idealen Inhalt gibt,
wenn man ein Mensch ist,
durch den nach jedem Schmerz,
nach jeder Prüfung immer von neuem
das verborgene Götterbild durchschimmert,
das als Ahnung in den edlen Naturen lebt und das wir zur Wirklichkeit machen sollen.
Malvida (Malwida) Freiin von Meysenbug (1816 – 1903), deutsche Schriftstellerin, wegen ihrer demokratischen Gesinnung 1852 aus Berlin ausgewiesen; befreundet mit Richard Wagner, Friedrich Nietzsche, Giuseppe Garibaldi und Romain Rolland

Das Resümee

Der Schmerz hat recht,
und nur im Schmerz liegt,
was ihn tröstet, was ihn lindert.
Wilhelm Jordan (1819 – 1904), deutscher Schriftsteller und Politiker, markanter Vortragskünstler eigener Dichtungen

Ich wünsche euch
euren Widerstand gegen euren „Schmerz“ zu spüren und
dass ihr euere wahrgenommenen „Gefühle“
bewusst anerkennend und bejahend annehmt
herzlichst eure Ute Weiss-Ding