Das Wochentipp – Thema:
Zeit für Verbindlichkeit
Formel unsres Glücks:
ein Ja, ein Nein, eine gerade Linie, ein Ziel…
Friedrich Nietzsche, 1844-1900, deutscher Philosoph, Quelle: Der Antichrist
Mei, es ist doch zum Mäuse melken, heute durfte ich mir das Jammern über die böse Unverbindlichkeit der lieben Mitmenschen zum dritten Mal in dieser Woche von unterschiedlichen Leuten anhören.
Nach längerem Hinterfragen bekam ich mit, was sie alle gemeinsam bewegte.
Ein Treffen ist wohltuender als ein Telefonat, ein Telefonat ist anregender als eine SMS, immerhin, eine SMS ist besser als Garnichts zu hören …
Sie alle wollten um ihrer selbst willen „verbindlich“ angesprochen und vor allem durch individuelle Aufmerksamkeit wahrgenommen werden.
Da dachte ich mir, wenn dem so ist, dass es so viele Menschen gibt, die diese fehlende Verbindlichkeit zu beklagen haben, muss mein Wochentipp sich doch gleich mal dieses Themas bemächtigen…
Meine Frage war nun:
Was steckt hinter dem sogenannten „Verfall der guten Manieren“ im Allgemeinen oder dem bemängelten pauschalen Fehlen von Aufrichtigkeit, Verlässlichkeit und auch Pünktlichkeit im sozialen Umgang miteinander. Fairness, also gerechtes Handeln begleitet von Loyalität, auch Solidarität, das wünschen wir uns doch alle tief in unserem Herzen, nur ob dies realistisch zu erwarten ist, glaube ich persönlich nun mal gar nicht.
Erstens führen Erwartungen, wie wir alle wissen – zu Ent-Täuschungen und zweitens muss ich selbst erst in der Lage sein fair, loyal und gerecht mit mir als Person umzugehen damit ich „Fairness“ auch im Außen leben kann und erfahren darf.
So oder so muss ich dann noch mit den mich begleitenden unschönen Erlebnissen – irgendwie gesund klar kommen.
In dieser Welt geht es eben – ungerecht zu.
Nun ist aber meine Wahrnehmung von der Außenwelt auch geprägt von meiner Sichtweise auf die selbige.
So kann ich diese entweder als böse erleben oder gleich-gültig betrachten.
Ich habe schon vor langer Zeit erkannt, dass ich Menschen gar nicht und Begebenheiten nur „bedingt“ ändern kann und das ich ver-Antwort-lich für meine Haltung und meine Handlungen innerhalb des mich begleitenden Weltgeschehens bin.
Für mich persönlich hat auf dieser Erde alles seine Berechtigung und der begegne ich mit dem Verständnis, dass alles seine „naturgegebene Gesetzmäßigkeit“ besitzt und dieser folgt.
– Die Natur kann fruchtbar und gleichzeitig furchtbar sein,
– der Mensch im Charakter gut und gleichzeitig schlecht sein.
Das heißt nicht, dass ich mich mit der Ungerechtigkeit und schon gar nicht mit der unverbindlichen Verbindlichkeit auf diesem Planeten einverstanden erkläre.
Dieser Sinnspruch vom Gesetz des Glücks eines Unbekannten begleitet mich schon lange und immer wenn ich mich hilflos wütend fühle, beruhigen mich diese Leitgedanken:
Wenn Du etwas magst, genieße es.
Wenn Du etwas nicht magst, vermeide es.
Wenn Du etwas nicht magst
und nicht vermeiden kannst, ändere es.
Wenn Du etwas nicht magst
und nicht vermeiden und nicht ändern kannst,
akzeptiere es und ändere Deine Sicht der Angelegenheit.
Wenn Du es nicht akzeptierst,
bleibst Du unglücklich.
Unbekannt
Ändern tue ich wo und was ich kann, wenn nötig mit Ausdauer kämpfend – ansonsten verschwende ich keine Energie in Dinge und Menschen, die unabdingbar zurzeit von anderen Mächten bespielt und beherrscht werden.
Nun zurück zur Verbindlichkeit des Zwischenmenschlichen.
Bei näherer Betrachtung haben wir ja alle schon schlechte Erfahrungen betreffend einer verbindlichen Zusage gemacht.
Es sei die Frage erlaubt: Ist unsere Welt tatsächlich voll mit unverbindlichen Zeitgenossen?
Hat Facebook, Instagram, Whatsapp und wie sie alle heißen mit dafür gesorgt, dass das Benehmen sich im sozialen Miteinander verändert?
Immerhin können wir ja heute dank Smartphone, SMS, E-Mail und Konsorten sehr leicht unverbindlich durch die Welt marschieren. Schnell mal einen Termin umzudisponieren, fehlende konkrete Zusagen, vages Laberrhabarber und kurzfristiges Absagen sind halt schon Wegbegleiter dieser Zeit.
Kaum dass ich am Schreiben war, meldete sich mein Schwesterlein und erzählte mir ein wenig säuerlich, dass sie Anfang der Woche via SMS Termine zum Treffen von ihrem Nachbarskind erhalten hätte.
Drei Schritte, einmal Klingeln und miteinander sprechen…
Die junge Dame hatte sich nichts dabei gedacht, nur wo ist denn die gute alte Schicklichkeit hin?
Vielleicht verändern sich ja unsere Manieren mit dem Fortschreiten der Technik.
Unhöflich finde ich es, sich persönlich überhaupt nicht zu melden oder noch ungezogener – einfach nicht erreichbar zu sein…
An unverbindliche Ansagen, wie „lass uns mal telefonieren, mal zum Kaffee treffen, habe ich mich gewöhnt und wenn ich dieses unverbindliche Geplapper höre, hake ich das einfach unter Ulk ab und verschwende dafür keine Energie.
Sind Verbindlichkeiten oder verbindliche Vereinbarungen nun eine Erscheinung der Vergangenheit?
Immerhin hat Verbindlichkeit etwas mit Verlässlichkeit zu tun.
Nur glaube ich, können wir der Technik des Fortschritts keine Schuld anlasten, dass die Welt vor lauter Unverbindlichkeit aus den Fugen gerät, denn es sind Menschen, die diese Technik erfinden und Menschen, die sie bedienen.
Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass sich das Verständnis von Verbindlichkeit mit der Zeit wandelt und sicherlich den Tribut fordert, sich dem aktuellen Zeitgeist und der sich weiter entwickelten Technik anzupassen.
Die heutige Zeit fordert von jedem Einzelnen immer mehr Flexibilität im geschäftigen Berufsleben und das lässt uns offensichtlich unsere guten Umgangsformen vergessen und es dem Gegenüber am nötigen Respekt mangeln.
Meine Lieben, ich empfehle euch anmutig auf die Suche nach der wahren herzlichen Freundlichkeit in euch zu begeben.
Ihr werdet überrascht sein, wieviel Liebenswürdigkeit und Achtsamkeit ihr in euch entdecken werdet.
Ein respektvolles höfliches Zuneigen hin zu mir selbst und somit auch zum anderen, fühlt sich dann für alle Beteiligten einfach sowas von einem verlässlichen vertrauensvollen GUUUUT an.
Am Anfang ehrliche Höflichkeit und Freundlichkeit
In der Mitte Werte und die verbindliche Anerkennung
Am Ende das Handeln eines Jeden
Lasse dir’s gesagt sein,
dass Freundlichkeit gegen jedermann die beste Lebensregel ist,
die uns Kummer ersparen kann, und dass du selbst gegen die,
welche dir nicht gefallen, verbindlich sein kannst,
ohne falsch und unwahr zu werden.
Die wahre Höflichkeit und der feinste Weltton
ist die angeborene Freundlichkeit eines wohlwollenden Herzens.
Helmuth Graf von Moltke (1800 – 1891), preußischer Generalfeldmarschall und Heerführer Quelle: Moltke: »Gesammelte Schriften«
Werte sind verbindlich, weil sie verbinden.
© Br. Paulus Terwitte (*1959), Kapuziner
Gesittung ist immer da auf Erden zu Hause,
wo Menschen ein lebenswertes Leben leben.
Dazu müssen wertvolle Lebensordnungen gestiftet und als verbindlich anerkannt werden.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832), deutscher Dichter der Klassik
Tat heißt eine Handlung, sofern sie unter
Gesetzen der Verbindlichkeit steht.
Immanuel Kant (1724 – 1804), deutscher Philosoph
Nachdenkend beachtenswert
Man muss sich die Menschen nach ihrer Art verbindlich machen,
nicht nach der unsrigen.
Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799), deutscher Physiker und Meister des Aphorismus
Das kann passieren,
wenn Höflichkeit aufgesetzt ist und
das wohlwollende Herz für die Verbindlichkeit fehlt
Die Verbindlichkeit ist das größte Hindernis des Miteinanders
– denn sie ist der Freiheit zuwider, weil sie, falsch verstanden, fordert!
© Bruno O. Sörensen (*1936), Kaufmann im Ruhestand, Buchautor
Ich habe oft Menschen gesehen,
die aus lauter Höflichkeit grob waren,
und aus zu großer Verbindlichkeit lästig.
Michel de Montaigne (1533 – 1592), französischer Philosoph und Essayist
Die Realität der Verbindlichkeit im sozialen Miteinander
In einem Informationsfeld wird jede Verbindlichkeit
mittels Ignorieren vernichtet
und dank Aufmerksamkeit erschaffen:
So kann man Denk- und Handlungsmuster ausrotten,
ohne Menschen anzugreifen.
Jede Existenz verliert an Inhalt, wenn sie sich definieren lässt.
Eine Welt der Schatten entsteht.
Und nur bleibt, wer in jeder Hinsicht authentisch zu sein vermag.
© Dr. Leon R. Tsvasman (*1968), deutsch-russischer Denker, Künstler, Literat
Tröstender Balsam
Auf abertausend Fragen,
die wir im Herzen tragen,
wird nach und nach das Leben
verbindlich Antwort geben.
© Frantz Wittkamp (*1943), deutscher freischaffender Graphiker, Maler und Autor Quelle: »alle Tage ein Gedicht«, Coppenrath Verlag, Münster
Ich wünsche euch in dieser Woche
eure innere Verbindlichkeit euch selbst gegenüber zu finden
und diese bewusst zu genießen
herzlichst eure Ute Weiss-Ding