Habgieriger Geiz


41.Wochentipp – Thema
Einfach so – (zeitlos) so einfach

Der Habgier Geiz eine ganz und gar weltliche,
menschelnde, menschliche Offenbarung der Charaktere

George Barbier

George Barbier

Die Habgier der Menschen spiegelt sich in der Habgier der Nationen.
Nur nennen sie es da ›Nationale Interessen‹.

© Wolfgang J. Reus (1959 – 2006), deutscher Journalist, Satiriker, Aphoristiker und Lyriker

aber

Der Geiz sammelt sich arm.
Deutsches Sprichwort

Der Herbst, so habe ich einmal gelesen, sei der nässere und kältere kleine Bruder des Sommers und da wir uns ja gerade mittenmang im herbstlichen Geschehen befinden, ist dies ein wunderbarer Zeitpunkt um mit einer weiteren Todsünde von insgesamt sieben weiterzumachen.
Tatarata! Es folge der Geiz in seiner gesamten zauberhaften Begriffs-Vielfalt.

 

George Barbier

George Barbier

Übersicht:
Dieser wenig erquickliche Wesenszug ist einer von den sieben Lastern der Menschheit.

Entstehung: Der ursprünglich vom Wüstenmönch Evagrios Pontikos um 390 aufgestellte Lasterkatalog mit acht Hauptsünden wurde von Papst Gregor dem Großen († 604) auf sieben fixiert, den sogenannten „Todsünden“.
Definition: Die Todsünden sind wissentliche und freiwillige Übertretungen des göttlichen Gesetzes in einer schweren Weise. 
Angelehnt an die sieben schlechtesten Charaktereigenschaften, die immer wieder variiert wurden, wurden die einzelnen „Sünden“ definiert:Hochmut, Stolz –  Superbia

  • (Stolz, Übermut, Überheblichkeit, Selbstgefälligkeit, Vermessenheit, Frevel, von sich selbst eingenommen, hier sind Egozentrik, Narzissmus, Arroganz und Blasiertheit mit im Bunde) https://berlinspirit.de/der-herbst-und-der-hochmut/
  • Wollust, Unkeuschheit – Luxuria
    (Genuss auslösender Reiz, Begehren, Genusssucht, Verlangen, Ausschweifung, Nebenabsichten in der Liebe)
    https://berlinspirit.de/wolluestige-wollust/
  • Geiz, Habsucht, Habgier – Avaritia
    (Enge, Gier, angstbesetzte Lebensverneinung, Gewinnsucht, Geldgier, Begierde, Wucher, ungestillter Hunger auf immer mehr)
  • Zorn – Ira
    (Groll, Bitterkeit, Wut, Rachsucht)
  • Völlerei, Unmäßigkeit – Gula
    (Maßlosigkeit, Selbstsucht, Gefräßigkeit)
  • Neid – Invidia
    (Eifersucht, Missgunst)
  • Faulheit, Trägkeit, Überdruss – Acedia
    (Trägheit des Herzens, Feigheit, Ignoranz)
George Barbier

George Barbier

Upps, auch ich benutze z. B. oft den Satz: „Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen!“, wenn ich vorhabe eine neue Anschaffung zu tätigen.
Ich möchte schon Geld sparen, aber nicht um jeden Preis, denn die „Qualität“ in Form von Güte, Herstellung, Verpackung und Transport einer Ware haben einen hohen Stellenwert bei mir. Ich habe einen eigenen subjektiven Wertemaßstab. Ich denke von mir, dass ich eine zu 80% großzügige Person bin und die 20% wo ich selbst von mir glaube geizig zu sein, haben etwas mit meiner Verlustangst zu tun, dieser Angst, dass mir etwas fehlen könnte. Ich glaube, dass wir Menschen alle irgendwo einen Mangel an was auch immer empfinden…

Wo Geiz zur Sucht mutieren kann:
Heißt sich selbst gegenüber geizig zu sein und wenn sich dennoch ab und an selbst etwas gegönnt wird, folgt ein schlechtes Gewissen. Wo bleibt da der Genuss? Dazu kann es passieren von der Umwelt auch noch als garstig wahrgenommen zu werden. Geiz kann hier zur suchenden Sucht werden.

Feinchen, Schuldgefühle sind mit dabei, wenn Menschen auf Sparsamkeit und Haushalten dressiert wurden. Genuss wird hier als Vergeudung wahrgenommen.

Im alltäglichen, menschlichen Umfeld, der Politik oder Wirtschaft, hier können wir sehr deutlich mitbekommen, dass Raffgier und Geiz kein Privileg der Mächtigen war und ist.
Habgier ohne Geiz ist undenkbar, denn wer (viel=relativ) besitzt hält meist (beschränkt denkend) an seinem Besitz fest, angetrieben von der Angst auf Dauer nicht genug zu haben.

Geiz-Habgier ist ein gar fieses, gieriges Laster, welches in Reinkultur ausgeübt, angetrieben wird von einer im Allgemeinen pessimistischen Verneinung des Lebens, dazu brav verhüllt von einer erstklassig begleitenden, angstbesetzten Schwarzseherei- und Malerei.

Ist das erste Symptom von der beginnenden Habgier tatsächlich schon der schmachtend, begehrende Trieb zum Erlangen von Finanzen, um sich seine erstrebenswerten persönlichen „Luxusdinge„ zu erwerben?

Und ist Geiz per se denn nun schlecht?

  • Sparsamkeit oder ökonomisches Wirtschaften resultiert aus einer Knappheit und so ist die Notwendigkeit dessen, was wirklich benötigt wird auf einen späteren Zeitpunkt der Anschaffung ausgerichtet.
  • Praktizierter Geiz dagegen ruht in seiner Zweckdienlichkeit in sich selbst. Hier wird nicht aus der Notwendigkeit heraus gespart, sondern aus dem beengenden, geizigen Denken heraus und dem Streben nach und dem Anhäufen von immer mehr.
    Herrlich dazu zu lesen der Geizige von Molière, Permalink s. unten.
George Barbier

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Voll mit im Bunde ist wieder dabei die Polarität mit dem habgierigen Geiz auf der einen Seite und der Verschwendung auf der Gegenseite.
Die Verschwendung und ihre zwei Gesichter:
Schauen wir uns nur einmal die sehr verschwenderischen Ausgaben für den ab 1869 errichteten Bau von Schloss Neuschwanstein des bayerischen Königs Ludwig II. als idealisierte Vorstellung einer Ritterburg aus der Zeit des Mittelalters an.
Das war Verschwendung, auch Luxus pur in der damaligen Zeit, dieses „vergeuden“ von mehr Mitteln als er besaß.
Und genau diese alte Prasserei ist heute für Bayern eine sprudelnde, grandiose von den Touristenströmen getragene Einnahmequelle.

Hier führte Eigensinn und Eigeninteresse von König Ludwig zu einem viel späteren Zeitpunkt zu einer „monetären, wirtschaftlichen Ergiebigkeit“.

Wie stände es wohl mit unserem gesellschaftlichen, wirtschaftlichen Wohlstand ohne die „gierig“ gesteuerten, nur an ihre eigenen Belange interessierten Menschen?

Zwanghafte Gier, beengender Geiz oder bloßes, habgieriges Verlangen?
Die Grenzen verlaufen hier wohl recht schwabbelnd und es ist doch sowieso alles subjektiv, oder?

George Barbier

George Barbier

Was die Laster an sich betrifft, hier gibt es keine Ausnahme, wir gehören alle dazu vom Monarchen, Großindustriellen, Politiker bis hin zur breiten Masse der Menschen.
Dazu hat sich schon vor 300 Jahren Bernard de Mandevill geb. 1670, niederländischer Arzt für Nerven- und Magenleiden in seiner „Bienenfabel“ geäußert, ein Standardwerk welches die Jahrhunderte überdauert hat.
Als ein Gleichnis, hat Mandeville einen Bienenstaat in Versform für England, eine reiche aber hemmungslose, dem Laster verfallenen Gesellschaft beschrieben.

Die Quintessenz von der geizenden Habgier in der Bienenfabel treffend auf den Punkt gebracht von:
Patrick Welter, Korrespondent für Wirtschaft und Politik in Japan mit Sitz in Tokio, der das folgende für die Frankfurter Allgemeine geschrieben hat:
„Stolz, Luxus und Betrügerei muss sein damit ein Volk gedeih“
Die Reichen frönen dem Luxus, die Armen schuften, um zu überleben.

Advokaten verdrehen das Recht, Ärzte sehen Kranke als zahlende Kunden und nicht als Hilfsbedürftige.
Politiker streichen als „Nebengelder“ ein, was „Schwindelei“ ihnen verschafft.
Allerorten blüht Verschwendung und Luxus, Neid und Eitelkeit, Modesucht und Gier.

Hier ein Vers aus dem vierteiligen Gedicht, welches unten als PDF-Datei von Gerhard Stapelfeldt nachzulesen ist.
„Manch Reicher, der sich wenig mühte,
Bracht’ sein Geschäft zu hoher Blüte,
Indes mit Sense und mit Schaufel
Gar mancher fleißige arme Teufel
Bei seiner Arbeit schwitzend stand,
Damit er was zu knappern fand.“

George Barbier

George Barbier

Das mit der Fortuna im Leben – das zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit den richtigen Menschen zusammen zu treffen – dieses Bonheur, das ist wahrlich so eine Sache…

Seilschaften, Bruderschaften, Lobbyisten, Interessengemeinschaften, Geheimbünde, Sippschaften usw. beherrschen die Welt mit ihren Klüngeleien, indem sie sich gegenseitig Vorteile verschaffen. Dieses Geflecht der besseren Gesellschaft ist der Garant dafür, dass  manche Menschen zu immer mehr Reichtum gelangen. Für den Normalsterblichen schaut es von außen her betrachtet so aus, als hätten diese Menschen einfach immer Glück.
Tja, und schon sind Massen von Menschen unterwegs, die auch etwas von diesem Kuchen ab haben möchten. Hier wird das Habenwollen, um der Habe willen zur suchenden Habgier. Genüssliches Genießen kann dann locker auf der Strecke bleiben. Das, was man hat, wird festgehalten, denn es könnte verloren gehen und dann hätte ich nicht mehr so viel wie ich brauche.
Angst greift um sich und macht eng. Dumm nur, derjenige der sich selbst nichts gönnt, wird anderen erst recht nichts gönnen. Dieses Nichts-Hergeben-Können, hält einen gefangen, aus Angst vor Mangel und Verlust. Da sind die Begriffe nicht weit wie Geizkragen oder Geizhals. Eines sollte hier bedacht werden, wer sich nichts oder wenig gönnt, weil er so erhofft der vermeintlich drohenden Armut zu entfliehen, befindet sich außerhalb seines Lebens-Flusses. Hier lässt sich mit der Angst der Menschen viel Geld verdienen und der Wirtschaftszweig der Versicherungen lebt gut davon.

George Barbier

George Barbier

Meine Lieben, es ist wie immer im Leben alles eine Frage der inneren bewussten Haltung. Es gilt einfach so-so einfach eine Ausgewogenheit zwischen Sparsamkeit, Geiz und Verschwendung zu finden. So werden wir bewusst handelnd die beflügelnde Balance dazwischen halten können.
Der Hauptschlüssel dazu heißt Mitgefühl für sich selbst und gleichfalls anderen gegenüber spürend zu entwickeln, zu fühlen, um es emporquellen zu lassen.
Weitere Attribute wie Aufrichtigkeit, eine offene innere Haltung und Großzügigkeit im Denken und Handeln, sowohl sich selbst, als auch anderen gegenüber, gehören mit dazu. 

„Panta rhei“ – Alles fließt …
Ich weiß, wenn ich großzügig Dinge, Wissen, Zärtlichkeit, Aufmerksamkeit, Herzenswärme, Liebe und, und, und fließen lasse, so wird – was auch immer an Gutem – zu mir hin zurück fließen.
Wer sich auf seinem Weg der Persönlichkeitsentwicklung immer mehr hin zu seiner wahren Mitte bewegt, wird dem habgierigen Geiz bald die Chance geben, sich bewusster hin in Richtung gelebter und praktizierender Großzügigkeit  zu bewegen.
Denn „Panta rhei – Alles fließt“, das fühlt sich einfach nur so was von einem mutigen, freigiebigen, toleranten und liebevollen GUUUUT in unser aller Leben an.

George Barbier

George Barbier

Der Anfang

 

Wer sich selbst nichts Gutes gönnt, was sollte der andern Gutes tun?
Er wird aber auch wenig Freude an seinem Eigentum haben.
Es ist nichts schlimmer, als wenn einer sich selbst nichts Gutes gönnt;
und das ist die rechte Strafe für seinen Geiz.
Tut er etwas Gutes, so tut er’s nur aus Versehen;
zuletzt kommt doch wieder seine Habgier zum Vorschein.
Das ist ein böser Mensch, der nicht mit ansehen kann,
dass man den Leuten Gutes tut, sondern sein Angesicht wegwendet
und sich über niemand erbarmt.
Bibel – Griechisch tà biblia, Die Bücher, Buch der Bücher, Heilige Schrift, das Wort Gottes, durch Kirchenvater Chrysostomus im 4. Jh. eingeführter Name des Religionsbuches der Christenheit. Der Text folgt der Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Verlags, Quelle: Altes Testament. Das Buch Jesus Sirach (#Sir 14,5-8)


denn

 

Geiz ist die größte Armut.
Alter Spruch


folgernd

 

Furcht und Habgier sind die Ursachen der Grausamkeit.
Abbé Ferdinando Galiani (1728 – 1787), italienischer Nationalökonom und Schriftsteller

George Barbier

George Barbier

Der Abschluss

Habgier bedeutet, dass ein Mensch nach etwas trachtet, dass er nicht besitzt,
Geiz hingegen bedeutet, dass er sich über das ärgert, was ein anderer besitzt.
Aristoteles (384 – 322 v. Chr.), griechischer Philosoph, Schüler Platos, Lehrer Alexanders des Großen von Makedonien

Ich wünsche euch,
dass ihr euer befreiendes Mitgefühl
und eure fabelhafte Großzügigkeit
genussvoll spürend in eurem Leben genießen könnt
herzlichst eure Ute Weiss-Ding

George Barbier

George Barbier

Bilder: George Barbier 1882-1932 war ein französischer Maler, Illustrator und Modeschöpfer des Art Déco.

Quellen: Duden; Wikipedia,

http://digitaleschulebayern.de/dsdaten/552/94.pdf

Molière, Der Geizige.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20005383919

http://homepage.univie.ac.at/charlotte.annerl/texte/mandeville1.pdf

http://www.erzdioezese-wien.at/hauptsuenden-oder-die-7-todsuenden