Die Ungereimtheit des Grübelns


34. Wochentipp – Thema
Einfach so – (zeitlos) so einfach
Grübeln – statt abwägen – Licht aus

34.-wochentipp_ Grübeln Titelbild

Wenn man den menschlichen Geist von einer Hypothese befreit,
die ihn unnötig einschränkte, die ihn zwang, falsch oder halb zu sehen,
falsch zu kombinieren, anstatt zu schauen zu grübeln,
anstatt zu urteilen zu sophistisieren,
so hat man ihm schon einen großen Dienst erzeigt.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832), deutscher Dichter der Klassik,
Quelle: Goethe, Maximen und Reflexionen. Aphorismen und Aufzeichnungen.
Nach den Handschriften des Goethe- und Schiller-Archivs hg. von Max Hecker,
Verlag der Goethe-Gesellschaft, Weimar 1907. Aus dem Nachlass. Über Natur und Naturwissenschaft,
Sophismus: Besserwisserei, Klügelei, Pingeligkeit, Spitzfindigkeit, Wortklauberei, Haarspalterei,
sophistisch: übergenau, wortklauberisch, überspannt, spitzfindig

Grübeln – sich mit bohrenden, brütenden, herumgrabenden, quälenden Gedanken abgeben – vergebliches, meist nutzloses Nachdenken – versunken sein im zermarternden, brütenden Denken

Glaube einfach, dass du nicht gut genug bist. Sei einfach nie zufrieden mit dir und dem, was du hast und kannst. Strebe bei deiner Leistung mindestens 200 % Perfektion an. Versuche ständig noch besser, klüger, schöner – blablabla usw. zu werden.
Vor allem vergleiche dich dazu mit denen, die deiner Meinung nach alles erstrebenswerte „Ideale“ im Leben schon besitzen.
Lasse dich dazu von den belastenden, unerquicklichen Gefühlen wie Hass, Neid und Eifersucht wohlig anhänglich begleiten, sei dabei schön lieblos zu dir und unterstütze dies weiterhin mit deinen herrlich treu ergebenen, grüblerischen Gedanken.

GRÜBELN – welch eine lustvolle, kompromisslose Last für alle Menschenseelen, die ihrem Gedanken-Karussell aufgesessen sind. Absitzen oder aussteigen, das ist hier unmöglich, denn hier können sie ja aufreizend, ewiglich diese sie betörende „aufregende“ Befriedigung aus ihrem brütenden, tiefsinnigen, Denken beziehen.
Masochistisches Menschengebaren und Totgeburten des Grübelns, nenne ich das.

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Na, ist das nicht ein harmonisches Wochentipp-Thema. Ein bisschen mehr Begeisterung kann ich von euch sehr wohl, wohlig erwarten, denn immerhin habe ich ja lange genug über dieses Thema „nachgedacht“.
Nee, grübeln finde ich persönlich absolut ätzend, aus der Nummer bin ich schon vor Jahren ausgestiegen, weiß aber, dass ich hier „suchend gefährdet“ war.
Dieses umtriebige, wenig produktive Grübeln hatte mich in jungen Jahren wie eine Klette begleitet und es war recht mühselig für mich, mir mein Grübel-Gedanken-Muster erst einmal bewusst zu machen, mit was ich mich da so alles denkend habe umtreiben lassen.
Das Auflösen dieses Gedanken-Musters nach dem Erkennen und Bewusstwerden war dann nochmal eine Nummer für sich…

Das Unangenehme an belastenden Gedanken ist, dass sie sich nicht lahmlegen lassen. Diese Gedanken kreiseln meist wie eine Schlangentänzerin um ein „warum“ herum.
Wie zum Beispiel mit einem warum ruft er, sie mich nicht zurück, warum mag mich … nicht, warum klappt dieses, jenes nicht usw.
Plagende Gedanken befinden sich beim Grübeln in einer Endlosschleife, zermürben einen dabei voller abwertender Selbstkritik.

Hierum, darum kreiseln sich beim Grübeln die Gedanken freudlos um schon Geschehenes und das Denken ist dazu gar köstlich angefüllt mit vielen Vermutungen.

Dieses Denken ist völlig beziehungslos und unkonkret, denn alles ist fiktiv beim Grübeln. Fortwährendes Grübeln kann dadurch geradewegs in eine Depression führen.
Grübeln ist keine effektive Art des Denkens, denn dieses kreisen der Gedanken, dieser gesamte  Denk-Aufbau beim Grübeln, bringt weder die erhoffte Einsicht, noch eine Lösung des Problems. Stattdessen erschwert Grübeln noch das seelische Befinden und bedeutet mentalen Stress für den Körper.

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Besser, viel besser:

Heute schaue ich mir mein Denken an und hinterfrage bei auftauchenden Problemen oder Missverständnissen erst einmal meine Gedanken dazu. Mir persönlich hilft es, wenn ich mich bei schwierigen Angelegenheiten mit Fragen und Antworten schriftlich damit auseinandersetze. Dadurch kommt es bei mir erst gar nicht mehr zum Grübeln. Ansonsten frage ich mich innerlich, ob ich wirklich verstehe, um was es hier gedanklich geht und ob mir alles klar verständlich ist. Fakten sammeln – schafft Klarheit. Ich erlaube und nehme mir die Zeit dazu.

Ich nehme meine Gegenüber, Gegenseiten, meine Außenwelt bewusst wahr und somit bin ich mehr zentriert in mir ruhend. Ich bleibe und bin bei mir. Gedanken strömen, also lasse ich sie fließen, was wichtig ist, damit wird sich heute lustvoll nachdenkend beschäftigt und das ist für mich lösungsorientiertes Denken. Ich liebe ja die W-Fragen und hier kommt das kleine Wörtchen „wie“ zum Einsatz anstelle eines „kreisenden warum“.
Gedanken voll von Vermutungen sind keine tatsächlichen Wahrheiten, entsprechen weder den Tatsachen noch der Realität.
Der Geist voll mit ärgerlichen Gedanken, Sorgen, die keine Ruhe geben, da kann es helfen sich abzulenken und sei es nur, dass man sich eine bunte Zeitschrift  anschaut.

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Noch einmal, wenn ich es mir erlaube – mir Zeit zu nehmen, welche ich benötige, um mir meine Gedanken, mein grübelndes Denken bewusst zu machen, dann kann ich mein Grübeln stoppen und das bringt mehr Freude am Zuhören und Beobachten.
Dieses wiederum verhilft uns dann zu einer besseren innerlichen und auch äußerlichen Verfassung mit zunehmender innerer Klarheit.
Ich bin viel entspannter, auch mutiger, da sich Ängstlichkeit und Angst namentlich zeigen dürfen und ich somit besser mit mir selbst und anderen umgehen kann.
Hier kann sich herausstellen, dass sich viele Sorgen und Ängste als überzogen darstellen oder unbegründet waren.
Das Gefühl der Hilflosigkeit oder sich ohnmächtig zu fühlen, wird bewusster wahrgenommen und ich kann selbstbewusster meine Aufgaben durchschauen, gegebenenfalls auflösen und bin dann insgesamt handlungsfreier.
Beim Grübeln werden laut Simone Kühn, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, die Konfliktzentren im Gehirn aktiviert und wir sprechen beim Grübeln zu uns selber. Sich in der Endlosschleife des Grübelns zu befinden, heißt, ich steigere durch mein kreisendes Denken bravourös auch noch meine negativen Gefühle.

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Ich persönlich bemühe mich heute noch übend darin meinem wertenden und verurteilenden Denken auf die Schliche zu kommen indem ich meine Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was mir gerade ungewollt durch den Kopf geht, um meinen unbewussten Beurteilungen und Wertungen so auf die Spur zu kommen.

Ich halte mich an meine Eingebungen und vertraue meiner Intuition.
Um mir selbst gerecht zu werden und Stress im Allgemeinen, sowie Stress-Situationen zu vermeiden, sind meine Ansprüche an mich und das was ich mache im überschaubaren, machbaren Bereich angesiedelt. Ok, das setzt voraus, dass ich mich leidlich gut kenne und mich dazu so akzeptiere und liebe, wie ich halt zurzeit bin.

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Meine Lieben, Grübeln war gestern – Achtsamkeit ist heute.

Nehmt euch die Zeit und erlaubt euch jeden Tag ein bisschen mehr bei euch zu bleiben, indem ihr achtsam euch selbst und eure Umwelt bewusster wahrnehmt. Das heißt im Moment, in der Gegenwart angekommen zu sein und diese bewusst, lebendig wahrzunehmen.
Wenn ich mich gerade ärgere, wütend bin, enttäuscht bin, traurig bin oder deprimiert bin, bleibe ich achtsam bei mir und meinem, diesem mich begleitenden Gefühl.

Achtsamkeit lässt mich meine Emotionen verstärkter spüren, weil ich meine Gefühle nicht mehr verleugnen kann. Dadurch können die Gefühle erst heftiger empfunden werden. ABER, wenn ich weiterhin achtsam bei mir, meinem Denken und meinen Emotionen bleibe, dann bin ich in der Lage sachlich und nüchtern, mit einer anderen Sichtweise auf das Geschehen, meine Gedanken dazu betrachtend zu erkennen und für Klarheit zu sorgen.

Hier bin ich dann in der Lage in Ruhe meine Problematik zu erkennen und einsichtig zu klären.

Wenn wir freiwillig das Hamsterrad des Grübelns verlassen, dann fühlt sich das aber so was von einem befreienden, lebendigen, kraftvollen und zufriedenen GUUUUT in unserem Leben an.

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Grübeln


 

Klar ist’s, dass im Tun und Handeln, nicht im Grübeln, ’s Leben liegt.
Franz Grillparzer (1791 – 1872), Wiener Hofkonzipist und Burgtheaterdichter

 

 

und

 

 

So sehr mich das Problem des Elends in der Welt beschäftigt,
so verlor ich mich doch nie im Grübeln darüber,
sondern hielt mich an dem Gedanken,
dass es jedem von uns verliehen sei,
etwas von diesem Elend zum Aufhören zu bringen.
© Albert Schweitzer (1875 – 1965), deutsch-französischer Arzt, Theologe, Musiker und Kulturphilosoph, 1952 Friedensnobelpreis

 

 

 

dazu

 

 

Im Übrigen grübele ich nicht mehr über die Empfindungen,
die in mir entstehen, sondern verhalte mich völlig gleichgültig dagegen,
indem ich für mich dieselbe Freiheit, wie ich sie allen andern lasse, beanspruche.
August Strindberg (1849 – 1912), schwedischer Schriftsteller und Künstler,
Quelle: Strindberg, Inferno, 1897; hier in der Übers. v. Christian Morgenstern. 4. Das wiedergewonnene Paradies

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Achtsamkeit

 

 Achtsamkeit: Entfesselungskünstlerin.
© Michael Marie Jung (*1940), Professor, deutscher Hochschullehrer,
Quelle: Jung, Hochkarat. 1600 neue hochkarätige Aphorismen und Sprüche, Books on Demand 2009

 

 

und

 

 

Frieden entsteht durch wachsende Toleranz und Achtsamkeit.
© Britta V. Bremer – ihre „Galerie  Art Of Cange“ ist ein spannendes Erlebniss mit seelischen Vibrationen- Link dazu siehe unten

 

also

 

 

Wenn die Achtsamkeit etwas Schönes berührt, offenbart sie dessen Schönheit.
Wenn sie etwas Schmerzvolles berührt, wandelt sie es um und heilt es.
Aus dem Zen-Buddhismus

 

 

dazu abschließend

 

 

Entschleunigung gebiert Achtsamkeit.
Achtsamkeit den Gleichmut.
Gleichmut das beständige Glück und tiefe Einsicht.
Tiefe Einsicht das menschliche Verstehen.

 

 

denn

 

 

Den Weg der Achtsamkeit zu gehen bedeutet,
im Augenblick zu sein und sofort in den nächsten einzutreten.
© Jo Taijun Fuss (*1957), Buddhismuskundler

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Ich wünsche euch, dass ihr euch die Zeit erlaubt
absichtslos eure Gedanken und euer Denken fließen zu lassen
und der grüblerischen Denkart ade zu sagen,
um dann genussvoll spürend euer Leben genießen zu können
herzlichst eure Ute Weiss-Ding

                                                                                                  

Lieber lauter Dübel dübeln,
als leise über Übeln grübeln.

© Klaus Klages (*1938), deutscher Gebrauchsphilosoph und Abreißkalenderverleger,
Quelle: Klages, Das Schlimmste für den Humor ist der Ernstfall, Verlag Up-to-Date-Kalender

Galerie Art Of Change – Britta V.Bremer: http://www.britta-bremer.com/

Bilder:  Akseli Gallen-Kallela 1865-1931, war ein finnischer Maler, Architekt und Designer.
Quelle: Buch Tobias Teismann, Grübeln: Wie Denkschleifen entstehen und wie man sie löst