Wunschbild Schönheit


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Das Wochentipp – Thema:
Wunschbild Schönheit
bellezza – beauty – beauté

Schönheit: das Genie der Materie.
Christian Friedrich Hebbel (1813 – 1863), deutscher Dramatiker und Lyriker

Schönheit – ein schönes Wochentipp-Thema – befand ich nach einem spannenden Gespräch mit einem Freund.
Eigentlich kamen wir im Dialog darauf, ob es „schöne Menschen“ leichter im Leben haben.

Nur was ist der ultimative, vor allem vorurteilslose Gradmesser, welcher festlegt, was Schönheit ausmacht.
Wer oder was bestimmt, was wir als wohltuend schön empfinden?

Diese Frage nach dem „Was ist schön?“ wurde schon behandelt von Philosophen wie Immanuel Kant in einem seiner Hauptwerke der „Kritik der Urteilskraft“ und seiner Lehre vom ästhetischen Urteil, bis hin zu Friedrich Schiller, der biographisch einen Briefwechsel mit seinem Freund  Christian Gottfried Körner führte. Nachzulesen unter dem Titel „Kallias oder Über die Schönheit“ –
„Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ – angelehnt an seine ästhetische Denkschrift „Über Anmut und Würde“.

Wir haben alle eine urteilende Vorstellung von dem, was Schönheit ausmacht, der Inneren, wie der Äußeren.

Ist dieses Bild von perfekter und makelloser Schönheit eine subjektive Vorstellung aus uns selbst heraus oder ist es ein Wunschbild durch äußere Einflüsse, durch die Prägung unserer bewertenden und urteilenden gesellschaftlichen Umgebung und den jeweiligen Zeitgeist?

Um etwas – Menschen, Dinge, Tiere, Natur etc. – als schön bewerten zu können, benötigen wir offensichtlich unsere Urteilskraft aus einem entstandenen Wohlgefühl heraus.
Fühle ich mich wohlig angenehm beim Betrachten, so muss es denn wahrscheinlich schön sein.
Sind es vom Ursprung heraus meine Wahrnehmungen durch Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten, also meine fünf Sinne, die mich werten lassen, was schön ist?

Was prägt unseren Schönheits-Geschmack, bleibt dieser Geschmack ein Leben lang erhalten oder ist er persönlich wandelbar? Was ist mit der Zeitströmung, was beeinflusst den Zeitgeist-Geschmack?

Sind es die immer wieder neuen, verbesserten Wesensformen von Technik, Mode usw. – dieser Fortschritt im Lauf der Zeit, der dann ein begleitendes neues „Schönheits-Ideal“ für Mensch und Dinge „erneuert“ hervor bringt?

Was mir generell auffällt, ist, dass attraktive Menschen, aber auch ästhetische Dinge meist fehlerfrei und gut erscheinen. Ob dann bei genauerem Hinsehen sich möglicherweise „Schönheitsfehler“, die sich zeigen, auch gesehen werden, bleibt abzuwarten.
Zweifellos ist Schönheit ein Türöffner. Wohin der Weg nach der Türöffnung dann weitergeht, liegt dann allerdings auch an den weiteren Talenten des oder der betreffenden Schönen.

Äußerliche Schönheit kann sehr wohl berauschen und die Erkenntniskraft schwächen.
Es ist ein Gefühl von Wohlgefallen, auch Begeisterung und Sympathie, welches uns bei dem, was wir als „schön“ bezeichnen begleitet und somit auch mal kurz-oder langfristig den Verstand aushebeln lassen kann.
Ja, sicherlich haben die erfreulich gut aussehenden Menschen es auf den ersten Blick einfacher, weil sie anziehend auf uns wirken und ohne diese schöne äußere Fassade zu hinterfragen so einen Vertrauensbonus von uns bekommen – du bist, weil du schön bist auch gleich makellos gut …

Es ist der bewusst gewordene Geschmack, welcher uns zu unserer Beurteilung über das, was wir dann für schön oder hässlich halten, veranlasst.
Schön oder hässlich, etwas dazwischen als Grauabstufung gibt es offenbar nicht in unserem Bewusstsein.
Stark bezweifle ich, dass es uns Menschen überhaupt erlaubt ist über „den Geschmack“ eines anderen Menschen zu urteilen, denn es ist doch meine persönliche „Mein-ung“ über das, was ich als Einzelner für schön oder hässlich empfinde.
Wenn ich es genau nehme, dann gibt es außerhalb meines Bewusstseins kein be-urteilen und somit gibt es kein schön oder hässlich, denn alles ist das, was es ist. Einfach so – so einfach.

Nur wenn mir diese Pole von schön und hässlich bewusst sind (tja, hier sind wir mal wieder beim polarisieren), dann werde ich bewusst bewertend urteilen in – das finde ich schön – das finde ich weniger schön – das finde ich hässlich…
Schönheit zu sehen, diese als wohltuend zu empfinden ist die Ingredienz, welche wir brauchen um eine genussvolle Daseinsfreude zu erleben. Schönheit erfüllt uns, sie ist trotz oder gerade darum, weil wir dies aus unserem Bewerten und Urteilen heraus festlegen der Teil der Polarität, der zu unserer Ganzheit beiträgt, um wieder bei der Polarität zu landen und somit die Balance in unserem Leben zu wahren.

Denn nur Hässliches oder nur Schönes – nee, wie langweilig ist das denn.

Die hier folgende Aussage, ist meine persönliche Sichtweise auf die wohltuende Schönheit und die gleichermaßen beglückend sich darstellende Hässlichkeit, denn manches ist so „hässlich“, dass es schon wieder tröstend schön ist:

Schönheit und Hässlichkeit als sich bedingende und als auch ausgleichende Sichtweise, sind beide wichtig, denn sie tragen als eine feste Bestandsgröße zu unserer Freude im Leben bei.

Meine Lieben, es ist mal wieder der berühmt berüchtigte Ausgleich zwischen den Polen, welcher uns schön-hässlich dann wertend, urteilend mit uns selbst verständlich im Reinen sein lässt.
Es ist die Akzeptanz dessen, was wir als positiv schön oder negativ hässlich empfinden, es ist nun einmal so, dass wir urteilen, dann können wir auch dazu stehen und wie von selbst stellt sich Toleranz ein gegenüber dem, was ich werte. Das ist einfach ein Bestandteil unseres Lebens und durch dieses anerkennen, können wir mehr Großzügigkeit in unserem urteilenden Dasein entwickeln und das fühlt sich dann so was von einem vertrauensvollen, auch vernünftigen, frohsinnig schönen GUUUUT an.

Lasst uns das „Schöne“ betrachten, welches wir gerade jetzt, hier und heute erleben oder das erlebte „Schöne“, welches wir schon abgespeichert haben. Ich schau, wie es „mich“ aufbaut, wie es mir Trost spenden kann, dieses „Schöne“ im Leben eines jeden einzelnen ist es, was unser aller Leben mit Freude erfüllt, auch wenn es sich immer wieder sich verlaufend im Fluss des Lebens verändern darf.
Lasst uns einfach gemeinsam anmutig unsere persönliche Anmut in ihrer natürlichen Form von erkennbarer innerer und äußerer Schönheit, welche getragen ist von ungekünstelten Bewegungen und Aussagen, zum Ausdruck bringen.

Wohlig sichtbar

Anmut – die Schönheit hat Seele…
© Hans-Christoph Neuert und Elmar Kupke, deutsche Dichter, Quelle: »Lyricon 1«

 

Die Anmut ist dem Belieben unterworfen:
Die Schönheit ist gültiger und
weniger abhängig von Geschmack und Meinung.
Jean de La Bruyère, französischer Schriftsteller (1645 – 1696)

 

– was denn nun?

 

Charme ist anziehender als Schönheit.
© Georges Guilbert

 

– kann passieren!

 

Schönheit ist eine kurzlebige Tyrannei.
Sokrates (470 – 399 v. Chr.), griechischer Philosoph

Nachdenkliches

Kein Chirurg kann das wichtigste Merkmal
der Schönheit implantieren: die Anmut.
© Dr. Ekkehart Mittelberg (*1938), Literaturwissenschaftler

Verschlüsselte Botschaften der Schönheit.
Ich bewundere dazu Dostojewskij Klarheit

Schönheit wird die Welt erretten.

 

Der Mensch ist ein Geheimnis.
Man muss es enträtseln,
und wenn du es ein ganzes Leben lang enträtseln wirst,
so sage nicht, du hättest die Zeit verloren.
Ich beschäftige mich mit diesem Geheimnis,
denn ich will ein Mensch sein.

 

Es gibt Gesichter, die jedes Mal, wenn sie auftauchen,
wieder etwas Neues mitbringen,
etwas, das man bis dahin noch nicht an ihnen bemerkt hat,
auch wenn man ihnen hundertmal begegnet ist.

– Das Geheimnis der Schönheit – offenbart

Liebt die ganze Schöpfung – jedes Blatt und jeden Sonnenstrahl!
Wenn ihr das tut,
werden sich euch die Geheimnisse des Göttlichen offenbaren.
Liebt die ganze Schöpfung Gottes.
Liebt die Tiere, liebt die Pflanzen, liebt jegliches Ding.
Wer jegliches Ding liebt,
wird auch das Geheimnis Gottes in den Dingen erfassen.

 

– Daraus ergibt sich

 

Die Welt soll durch Zärtlichkeit gerettet werden.
Fjodor Michailowitsch Dostojewskij (1821 – 1881), russischer Romanautor und genialer Menschengestalter

Meine Mein-ung

– Schönheit ist eventuell doch letztendlich ein Ringen um die eigene subjektive Wahrheit des Augenscheins und das was mich innerlich „tragend“ bewegt…

Zum besseren Verständnis über das Denken und Wirken von Fjodor Michailowitsch Dostojewskij, möchte ich Stefan Zweig zitieren aus der Quelle: „Die Menschen Dostojewskijs“ …Stefan Zweig
In Dostojewskijs Werk ringt der Mensch um seine letzte Wahrheit, um sein allmenschliches Ich.
Ob ein Mord geschieht oder eine Frau in Liebe brennt, alles das ist Nebensache, Außensache, Kulisse.
Sein Roman spielt im innersten Menschen, im Seelenraum, in der geistigen Welt: die Zufälle, die Ereignisse, die Schickungen des äußeren Lebens sind nur Stichworte, Maschinerie, der szenische Rahmen.
Die Tragödie ist immer innen. Und sie heißt immer: die Überwindung der Hemmungen, der Kampf um die Wahrheit. Jeder seiner Helden fragt sich, wie Russland selbst: Wer bin ich? Was bin ich wert?
Er sucht sich oder vielmehr den Superlativ seines Wesens im Haltlosen, im Raumlosen, im Zeitlosen.
Er will sich erkennen als der Mensch, der er vor Gott ist, und er will sich bekennen.
Denn jedem Dostojewski-Menschen ist die Wahrheit mehr als Bedürfnis, sie ist ihm ein Exzess, eine Wollust und das Geständnis seine heiligste Lust, sein Spasma.
Im Geständnis bricht bei Dostojewski der innere Mensch, der Allmensch, der Gottesmensch durch den irdischen, die Wahrheit – und dies ist Gott – durch seine fleischliche Existenz.
O die Wollust, mit der sie darum mit dem Geständnis spielen, wie sie es verbergen und – Raskolnikow vor Porphyri Petrowitsch – immer heimlich zeigen und wieder verstecken, und dann wieder, wie sie sich überschreien, mehr Wahrheit bekennen als wahr ist, wie sie in rasendem Exhibitionismus ihre Blößen aufdecken, wie sie Laster und Tugend vermengen – hier, nur hier, im Ringen um das wahre Ich sind die eigentlichen Spannungen Dostojewskijs. Hier, ganz innen ist der große Kampf seiner Menschen, die mächtigen Epopöen des Herzens:
hier, wo das Russische, das Fremdartige in ihnen sich aufzehrt, hier wird auch ihre Tragödie erst ganz zur unseren, zur allmenschlichen, und restlos erleben wir im Mysterium der Selbstgeburt den Mythos Dostojewskijs vom neuen Menschen, vom Allmenschen in jedem Irdischen.

Ich wünsche euch
Innere und äußerliche „Schönheit und Hässlichkeit“,
welche euch diese Woche egal wo begegnet
– bewusst zu genießen,
herzlichst eure Ute Weiss-Ding