Vanitas – Wandel der Dinge – die Vergänglichkeit –


 Das Wochentipp – Thema:

Wandel der Dinge
mit Vanitas – einer Vorstellung von der Vergänglichkeit –

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Zum Advent
Bunte Blätterpracht,
von Vergänglichkeit gezeugt.
Ein letztes Leuchten.
© Helga Schäferling (*1957), deutsche Sozialpädagogin

Die Vorweihnachtszeit ist für mich die Zeit der Üppigkeit schlechthin.
Ich bin ja bekannt für meinen schrägen Geschmack –
zu Weihnachten und wohl auch sonst … Ich liebäugele einerseits mit diesem barock, schnörkelig, bunten Sahnetortenkitsch und dazu mit allem, was so schön faszinierend kalt schillert, wie z. B. Silber…
Na ja, und gleichzeitig liebe ich die Gegensätze wie cleanen Schick ohne Schnick-Schnack und auch alles, was nicht so makellos ist, Altes, was Geschichten erzählen kann …
Hm, der Barock als Zeitfenster der Epoche von ca. 1575 bis 1770  passt ganz gut zu mir und nicht nur als Kunstrichtung in der europäischen Kunstgeschichte via Architektur, Musik, Malerei und Literatur.
Angeblich soll der Begriff „Barock“ auf das portugiesische Wort „barroco“ zurückgehen, welches so viel wie „unregelmäßige und schiefe Perle“ bedeuten soll.
Der Barock war eine Zeitspanne von beträchtlichen Gegensätzen, Polarität wohin man schaut. Das klingt ja tatsächlich ein wenig nach Schieflage, schiefe Perle…
Das war aber auch ein ganz schön widersprüchlicher 170 Jahre andauernder Zeitverlauf, welcher viele berühmte Maler, Architekten, Dichter und Komponisten hervorbrachte.
Allerdings sei hier auch nicht verschwiegen, dass es in dieser Zeit den furchteinflößenden 30-jährigen Krieg gab und vernichtende Seuchen viele Menschenleben kosteten.
Auf der einen Seite gab es lebensfrohe pralle Lebenslust, welche zum Beispiel die Erfindung der Oper hervorbrachte, großartige Literatur, Kunst generell in all ihren Facetten und dazu eine Architektur, welche mit ihrem Prunk und ihrer Prachtentfaltung im Bau von barocken Sakralbauten, grandiosen Kirchen und Schlössern gipfelte und auf der anderen Seite Katastrophales, geprägt von Krieg, Pest, Hunger und Armut.

Ich finde, dass die 1. Adventwoche ein besinnliches, abwechslungsreiches Thema verträgt und wie ihr wisst – alles, was mich interessiert, dient euch zu eurer Unterhaltung ….
Außerdem wäre der ein Schelm – der da denkt – Parallelen als vermeintlichen Widerholungsakt in der Geschichte erkennen zu können… Ein Zeitraum von 170 Jahren barocker Zeitgeschichte ist eben nur ein Fliegenschiss im vergänglichen Zeitverlauf der Geschichte…

„Denn Nichts ist auf ewig, alles verändert sich – es liegt im Wandel der Dinge – die Vergänglichkeit“.
Und schau an – dies gilt auch heute noch, in unserem, ach so, herrlich digitalen und aufgeklärten Zeitalter…
Jedenfalls ist es demnach nachvollziehbar, dass es die drei nachfolgenden Leitmotive/Denkrichtungen waren, die diesen barocken Stil begleiteten. Also ich finde, dass diese Leitgedanken nichts an Aktualität eingebüßt haben.

CARPE DIEM (aus dem Lat. = „Genieße den Tag“ oder wörtlich: „Pflücke den Tag“), nutze den Tag
MOMENTO MORI (aus dem Lat. =  „Denke daran, dass du stirbst‘, bedenke deines Todes)
VANITAS (aus dem Lat. = „leerer Schein, Nichtigkeit, Eitelkeit“; auch „Lüge, Prahlerei, Misserfolg oder Vergeblichkeit“ Vergänglichkeit). „Hier lauert hinter der Maske der Schönheit der Tod“.

Fakt ist, dass Leben endet mit dem Tod. Alles Materielle, jedweder Dinge an sich – trägt die Gefahr eines Verfalles schon in sich. Blühen, welken und zerfallen ist der Lauf der Dinge …

Da wir nur einmal im Hier und Jetzt leben, tun wir gut daran, das Beste aus unserem Leben zu machen und den Tag nutzend zu leben und auch zu genießen –  CARPE DIEM, erinnert uns daran.

Soll man sich vorbereiten auf ein Leben nach dem Tod? Nun, wer an ein Leben nach dem Tod glaubt, wird da wohl seine eigene Vorgehensweise haben. Ich halte mich persönlich lieber daran, nach moralischen Werten zu leben und mir darüber im Klaren zu sein, dass das Sterben immer gegenwärtig ist. Denn ein ruhiges Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen – oder?
MOMENTO MORI – ruft den Menschen dazu auf, über den Tod und das Sterben nachzudenken und sich bewusst zu werden, zu sein, dass er sterben muss.

Vanitas – die Vergänglichkeit. Ich liebe die barocke Symbolhaftigkeit der Vergänglichkeit. Vanitas-Motive können sich zum Beispiel in der Malerei als das Vergehende darstellen wie z. B. in dem von Johann Caspar Lavaters Physiognomischen Fragmenten (1775–78): Hinter der Maske der Schönheit lauert der Tod. Ein Bildnis, welches einen Menschen mit einem Totenschädel und davor mit einer Maske eines schönen Gesichts darstellt.
Eigentlich brauchen wir in unserem gegenwärtigen Leben nicht weit zu schauen – im Korb in der Küche liegt eben noch ein köstlicher, prall roter, frischer Apfel, welcher innerhalb von ein paar Wochen seine Vergänglichkeit erst schrumpelig vergehend demonstriert und dann bald ein der Verwesung preisgegebenes Stück Obst sein wird.
VANITAS – ist Bewusstwerdung pur. Hier steht die Nichtigkeit und Vergänglichkeit des menschlichen Lebens und der Dinge an sich im Vordergrund und nicht so sehr der Tod.

Die barocke Epoche gibt ein wunderbares Abbild her von einem Gleichnis von inhaltlich Gegensätzlichem. Wie in der Antithetik, die in der Lyrik ihren Ausdruck fand und von Antithesen bestimmt wurde. Oh, wie schön, die Polarität lässt immer wieder genüsslich grüßen.
Sichtbar wird, welch eine Zerrissenheit sich hier zeigt, die Disharmonie der menschlichen Seele, welche um innerliche Balance ringt – nur um sich der Vergänglichkeit entgegen zu stemmen, ein sinnloses vor allem vergebliches Unterfangen.

Schein Sein
Spiel Ernst
Blüte Verfall
Reichtum Armut
Diesseits Jenseits
Aufbau Zerstörung
Genussfreude Askese
Gesundheit Krankheit
Lebensgier Todesbewusstsein
Den Tag zu nutzen   zu bedenken, dass ich sterben werde

Meine Lieben, was für ein lustvolles Thema. Bewusstsein ist der Gegenspieler aller inneren Konflikte und Widersprüchlichkeiten in unserem Leben.
Sich bewusst mit Veränderungen, Vergänglichkeit, Wandel im Allgemeinen auseinander zu setzen – dem Entstehen und Vergehen – das ist nun einmal ein bestehendes Kennzeichen aller lebendigen und unbelebten Daseinskonstellationen.
Im Buddhismus ist die Blume das Symbol der Vergänglichkeit. Vergänglichkeit wird uns leiden lassen, wenn wir zu sehr in diesem „Schönen“, dem Schein des Bleibenden verhaftet sind, wenn wir nicht akzeptieren können, dass die Schönheit der „Blume“ vergeht…
Es ist wahrlich viel gesünder solche Dinge wie das Altern, Krankheiten, auch die Last von Sorgen und Kummer aus der Perspektive der Vergänglichkeit heraus zu betrachten.
Ich glaube, damit hätten wir dann schon viel erreicht bezüglich der Ursachenbekämpfung vieler leidvoller Ärgernisse.

Und zwar mit einem meiner Lieblingssprüche:
„Auch das geht vorüber“

Bewusst jeden Wandel zu genießen, das fühlt sich aber so was von einem lustvollen, lebendigen und vergnügt lebenslustigen GUUUUT an.

Auftakt

Wandel ist eine Tür, die nur von innen geöffnet werden kann.
Aus Frankreich

Der Schöpfer der Zeit heißt Vergänglichkeit.
© Andreas Tenzer (*1954), deutscher Philosoph und Pädagoge

Leben

Wandel und Wechsel liebt, wer lebt.
Richard Wagner (1813 – 1883), deutscher Komponist

denn

Existenz ist Wandel, Wandel Reifung,
Reifung ewige Selbsterneuerung.
Henri Bergson (1859 – 1941), französischer Philosoph, seit 1914 Mitglied der Académie française; Nobelpreis für Literatur 1927

also

Warum die Vergänglichkeit fürchten, wo wir doch von ihr leben.
© Manfred Hinrich (1926 – 2015), Dr. phil., deutscher Philosoph

Geschehen

Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel.
Charles Darwin (1809 – 1882), englischer Naturforscher, begründete die als Darwinismus bekannte Abstammungslehre

Das entschieden Charakteristische dieser Welt ist ihre Vergänglichkeit.
Franz Kafka (1883 – 1924), deutschsprachiger Schriftsteller, in Prag geboren als Sohn einer bürgerlichen jüdischen Kaufmannsfamilie

Lebensbejahung

Es gibt drei Gründe für das Leiden:
Schmerz, Wandel und die allumfassende Abhängigkeit von Bedingungen.
© Dalai Lama (*1935), (Wiedergabe mit freundlicher Erlaubnis Seiner Heiligkeit)

Der Fluch
der Zeit
der Trost
der Zeit
Vergänglichkeit
© Hans-Christoph Neuert (1958 – 2011), deutscher Aphoristiker und Lyriker

Ich wünsche euch allen eine wohlige 1. Adventwoche
mit dem Wandel der Dinge und seiner Vergänglichkeit zu genießen
ich füge eine Marzipankugel hinzu – köstlich, lecker, rund
und mit einem Happs – weg war sie
dazu der Vergänglichkeit preisgegeben und gewandelt als Hüftgold wiedergeboren
herzlichst eure Ute Weiss-Ding