Grenzwertig und provokant – „funktionieren“ Menschen?


03_Wochentipp_funktionieren menschenJa – Nein – Oder ???  funktionierende Funktionalität…

Wochentipp 2016
Einfach so – so einfach
Grenzwertig und provokant
„funktionieren“ Menschen?

Das logische Denken ist das Muster einer vollständigen Fiktion.
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 – 1900)

Dieser Wochentipp ist dem menschlichen „Funktionieren“ gewidmet und nicht dem maschinellem Funktionieren.
Von einer Maschine erwarte ich, dass diese funktioniert und wenn nicht, muss sie repariert werden.
Nachdenklich:
Gerade jetzt, wo wir uns seitens der Politik konfrontiert sehen mit einer schlecht funktionierenden menschlichen Verwaltung bezüglich der Flüchtlingssituation.
Müssen wir als Menschen funktionieren – sowohl gesellschaftlich als auch menschlich allgemein?
Menschliches Funktionieren wie zum Beispiel:

Betreffend der „Flüchtlinge“, die aus Gebieten stammen, welche a) eine gänzlich andere Ansicht von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und unseren kulturellen „Grundwerten haben, und b) ein komplett andersgeartetes Verständnis von einem zu praktizierenden, traditionellen Familien-Leben haben und überdies ein Frauenbild, welches mich das Fürchten lehrt.
Tja, und c) offensichtlich auch ein anderes Verhältnis bzw. eine andere Vorstellung von sowohl öffentlichem als auch privatem Eigentum und zu praktizierenden Gemeinschaftssinn haben.
Wie soll da das menschliche Miteinander auf Dauer funktionieren?
Aber schauen wir weiter, denn dieses Problem der Integration bedarf einer Vielfalt von Maßnahmen, welche uns hier nur vom Hölzchen zum Stöckchen kommen lässt und wir wollen ja schauen, wie das mit dem menschlichen Funktionieren gehen soll – und ich denke, da wird sich auch für dieses Problem etwas für den Einzelnen mitnehmen lassen, denn hier geht es ja nicht um falsch verstandene Nächstenliebe …

Immerhin erwarte ich von einem operierenden Arzt, dass er weiß, was er tut und dass er bei einer Operation fachlich wie menschlich sein Bestes gibt, indem er funktioniert und nicht einfach mittendrin Pause macht. Um pünktlich zur Arbeit zu erscheinen, stehe ich pünktlich auf, indem ich wie mein Wecker funktioniere.
Bei beiden Beispielen habe ich mit Sanktionen zu rechnen falls ich nicht funktioniere, also kann ich mich sehr wohl entscheiden, welche Konsequenzen ich lieber ertrage.
Bis hierher ist Funktionieren bei mir völlig wertfrei besetzt – weder gut noch schlecht – hier klappt es mit dem Funktionieren ohne dieses willkürlich in Frage zu stellen und das scheint OK zu sein – Oder?

Wir sind mit Instinkten, wie dem Überlebens- und Erhaltungstrieb auf diesen Planeten Erde gekommen und dieses haben wir uns meinem Verständnis nach nicht selbst ausgesucht, sondern wurden damit genetisch ausgestattet.
Ich glaube ein soziales menschliches Wesen zu sein, welches mit all seinen persönlichen charakterlichen Eigenschaften und anerzogenen „Prägungen“ lernend durch diese Welt des menschlichen Miteinanders streift.

Nun stellt sich mir die Frage in wie weit muss ich in diesem gesellschaftlichen Miteinander „funktionieren“.
Darauf gekommen bin ich, weil ich in den 50zigern aufwuchs und von meinen Eltern ein Gefühl vermittelt bekam, welches da lautete „wenn du leistest, dann bist du OK“.
Nachdem ich dieses Gefühlschaos für mich in Worte kleiden konnte, stellte ich mir erst im Laufe meines weiteren Lebens die Frage: Wozu sollte ich wohl gut funktionierend leisten?
Ein Kind stellt nichts in Frage, wenn es nur früh genug mit solchen nichtssagenden, aber formenden Eindrücken, begleitet von diffusen ahnungsvollen Empfindungen zur Angepasstheit erzogen wird.
Liebe und Anerkennung waren für mich lange Zeit an, „leiste ich – so bin ich lebendig“, gekoppelt und das ging nur, so glaubte ich damals, wenn ich gut in dem mich umgebenden System funktionierte. Vorwiegend wurde dies bei mir über die berufliche Schiene ausgelebt.
Inzwischen ist es mir gelungen mich Dank bewusster Auseinandersetzung mit mir und meiner Umwelt daraus zu befreien. Ich weiß heute sehr wohl, wie wundervoll sich gelebte und gefühlte Freiheit anfühlt. Dann nämlich, wenn ich mich bewusst meiner Verantwortung stelle und meine Bedürfnisse klar kommunizieren kann, ohne von diffusen Ängsten und Denkmustern begleitet zu werden. Dies ist Gott sei‘s gedankt – sehr wohl in Deutschland durchführbar und ich bin froh in diesem Land zu leben, welches freie Meinungsäußerung zulässt…

Meine Lieblingsfrage: Wem nützt was?

Praktisch jedenfalls für die Obrigkeit und für das „Kapital“ ist, wenn eine ganze Generation von Menschen, dieses als Erwachsene nicht in Frage stellte und es dann unreflektiert als Botschaft an die nächste Generation weitergab. Wenn ich nicht hinterfrage wo meine eigenen, mir eingeprägten Ansichten herkommen, werde ich sicherlich angepasst durch die Welt schreiten.

Meine Generation wuchs in der Zeitströmung „Auflehnung gegen das bestehende Establishment“ auf und wir als Heranwachsende nahmen nichts mehr hin, ohne es zu hinterfragen. Das, was folgte, als wir erwachsen wurden und selbst Kinder erzogen, war leider auch nicht so prickelnd, denn man versuchte das Abstecken von Grenzen für den Nachwuchs völlig aufzuweichen. Diesmal hieß die Parole Kinder so zu lassen, wie sie sind und als Individuen mit unterschiedlichem Potenzial wahrzunehmen. Toller Ansatz, dumm nur, dass die Erziehenden ihre Prägung von „Zucht und Ordnung“ weiterhin hatten. Ganz abgesehen davon, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau noch in den Kinderschuhen stand.

Nachdenklich:
Wie also soll sich etwas wirklich gesellschaftlich (angesetzt bei jedem Einzelnen) „funktionierend“ verändern, wenn noch immer „Angepasstheit“ bis hin zur gesundheitlichen Gefährdung des Einzelnen weiter praktiziert wird?

Ich bestreite nicht, dass wir Normalos arbeitend unser Geld verdienen „müssen“.
Ein böses Problem ist nur, dass das Drangsalieren, Intrigieren, Schikanieren heute seine hässliche Fratze in Form von Mitarbeitermobbing bis hin zum Bossing zeigt, während wir diesem Gelderwerb für den Lebensunterhalt nachgehen.
Platt ausgedrückt ist dies eine Entwicklung, die noch zunehmen wird, welche mit dem Abbau und der Verknappung von Arbeitsstellen zum Geldverdienen einhergeht und dieses trotz immer wiederkehrender, positiver Meldungen der Agentur für Arbeit und der Politiker über die sinkenden Arbeitslosenzahlen und den Mangel an Facharbeitern, der dringend durch Zuwanderer gelöst werden muss.

Für vieles werden noch Hände gebraucht – nur wie lange noch und wenn für welchen Preis?

Ah ja, da wären noch die, die so gar nicht funktionierend in unsere Gesellschaft passen: Das wissen wir alle, nur wollen wir es nicht hören, lesen und schon gar nicht wahrhaben…

  • die Kranken – erst sich halbtot arbeiten, dann als Störfaktor erblickt, denn sie stören den „funktionierenden“ Fluss unseres Leistungs-Systems und mindern dabei auch noch frech die Wirtschaftsinteressen…
  • Für sensible Menschen ist der Leidensdruck sehr hoch. Was folgt heißt dann „burn out“, Depressionen, von den vielen Rückenleiden ganz zu schweigen – und zunehmende Suizide sprechen eine deutliche Sprache für sich!
  • die Schwachen, die Minderheiten – all diejenigen die ohne Lobby sind, in keine Norm passen und sich nicht wehren können – sind offenbar keine Leistungsträger unserer Gesellschaft…
  • arme Menschen – 12 Mio. von Armut gefährdete Menschen in einem reichen Land wie Deutschland…
  • alte Menschen – Mangel an Pflegepersonal und viele, die sich eine bezahlbare, altengerechte Unterbringung nicht leisten können, obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet haben. Merkwürdig, wir Menschen werden nun mal alt, wollen aber nicht alt sein.
  • Kinder – 2,5 Mio. Kinder, die von Armut gefährdet sind.
    Erst werden Kinder so erzieherisch manipuliert damit sie schön gleichmachend in dieser Gesellschaft „funktionieren“ und gleichzeitig sollen sie eine eigenständige Persönlichkeit entwickeln. Über 34 % Prozent der Kinder in Berlin leben in einkommensschwachen Familien. Hier kann sich jeder selbst ausmalen wie es mit der gerechten Lohnverteilung in unserem Land ausschaut und wie gnadenlos funktionierend wir angepasst sind und wir uns dieses weiter gefallen lassen…Oder sind wir nur feige, oder zu bequem, oder geht es uns doch gut?

Die Frage ist, wie verhalte ich mich in solchen mich schädigenden Situationen?
Ich neige eher zu dem klischeehaft Ausgedrückten: liebe was du tust, verändere dein eigenes Verhalten oder verlasse, was dich krank macht.
Wobei die Alternative Arbeitsamt, krank zu sein oder sich in eine Pseudoselbständigkeit zu begeben, allesamt keine befriedigenden Lösungen darstellen.
Also muss ich wohl überlegend doch funktionieren?
Oh je, auch ich habe keine Allround-Lösung.
Wohl aber kann ich für mich selbstverantwortlich handeln und unter den gegebenen Umständen merken, dass wenn ich mich als Opfer fühle, wahrscheinlich eher ein Opfer meiner eigenen Ängste, idealistischen Vorstellungen, meiner Gedanken-Konstrukte inklusive meiner Glaubensmuster bin .
Zurzeit gibt es von allem zu viel und es ist sicherlich schwierig sich damit als einzelnes Individuum befriedigend in dieser Welt auch einzurichten.
Gute und auch schwierige Fragen sind die, die sich mit mir selbst auseinandersetzen.

  • Was brauche ich und wohin möchte ich mit all meinen Anlagen, meinem Charakter, meinen Denkmustern, meinen Fähigkeiten und Kenntnissen?
  • Erlaube ich mir in der Öffentlichkeit die zu sein, die ich zurzeit innerlich bin?
  • Traue ich mich ehrlich zu äußern und das, was mich oder andere schikaniert couragiert anzugehen, das was lobenswert ist – anzuerkennen?

Dieses Nachdenker-Thema hat so viele vielfältige Facetten, die ich niemals in einem Text querdenken kann…
Sehr wohl, glaube ich fest daran, dass wir alle diesen doch recht ungerecht verteilten Chancen in unserem Gesellschaftssystem etwas gegenüberstellen können. Wer die Funktionen von Ursache und Wirkung in dieser System-Anordnung für sich selbst durchleuchtet, hat die Chance zu erkennen, dass wir alle, wenn auch mit verschiedenen Ansätzen am gleichen Lebensrad drehen.
Wer seine inneren Werte bekennend lebt, wird durch bewusstes Fühlen, Denken und Handeln seinen Weg im Leben und der gesellschaftlichen Zugehörigkeit mit Menschlichkeit, Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft beschreiten.
Mich und meinen Gegenüber mit all unseren Bedürfnissen und Interessen so zu nehmen, wie „wir“ sind, hilft ungemein. Man sollte es kaum glauben, aber bewusste Uneigennützigkeit bringt mir persönlich mehr Lebensfreude…

Die Quintessenz bis hierher lautet für mich persönlich:

Ein Gesellschaftssystem muss funktionieren, da es dann Stabilität und Vertrauen beinhaltet. Hier fühlt sich der Einzelne nicht ausgegrenzt, sondern als ein dazugehöriges Teil des Ganzen, welches sich in diese Gesellschaft dann auch sozial einbringt.
Ach je, im Augenblick wirkt alles etwas unkoordiniert und das Verschweigen von Problemen seitens der Politik macht die „funktionierende instabile“ politische, soziale Lage auch nicht einfacher. Aber jeder Einzelne ist aufgerufen seiner eigenen Integrität zur folgen.
Denn dann brauchen wir uns um Rechtsradikalismus und den Abbau des Rechtsstaates wohl keine Sorgen zu machen oder doch?
Nur der Mensch, nein, der muss nicht funktionieren – der Mensch „muss“ sich mit dem Stand seiner Befähigungen, bewusst und verantwortungsvoll mitmachend in die Gesellschaft einbringen…eben Haltung zeigen und Integrität beweisen.
Ich hoffe, dass wir alle in der Lage sind dieses für uns zu erkennen, dann klappt es auch, unserer „verlorenen und leider auch verlogenen“ herrschenden Staatsordnung wieder den Begriff von „menschlicher Wertschätzung und Ehrlichkeit“ nahe zu bringen…
Sich über Leistung zu definieren und zu funktionieren habe ich persönlich ad Acta gelegt. Anerkennung erlange ich, wenn ich das, was ich tue, liebe und selbst anerkenne… Sowohl „funktioniere“ ich, wenn ich etwas versprochen habe, als auch und vor allem, wenn ich pünktlich aufstehen darf…

Meine Lieben, lasst uns einfach so – so einfach menschlich menscheln, denn das fühlt sich dann aber sowas von einem befreienden, miteinander auskommenden, kommunizierenden GUUUUT an.

Menschliches Funktionieren
– Der Anfang und das Ende –

Weil wir Menschen nicht wie aufgezogene Uhren funktionieren,
bleibt die Zukunft jeden Tag offen.
© Vera Simon (*1973), deutsche Aphoristikerin, Quelle: Mehr unter www.verasimon.de

 Funktionstechnisch gesehen
– Das Auto und der Mensch –

 Deutsche Autos funktionieren in der Regel besser als die Funktionäre, die damit fahren.
© Sonja M. Grass (*1959), öster. Schriftstellerin, Aphoristikerin und Ghostwriterin

Der funktionierende Staat laut Otto von Bismarck
Mit drastischen Maßnahmen – Politisch gesehen

Für das ordnungsgemäße Funktionieren eines Staates
muss man turnusgemäß einige Minister und Staatsräte füsilieren…
Otto Eduard Leopold Fürst von Bismarck (1815 – 1898), preußisch-deutscher Staatsmann und 1. Reichskanzler
Füsilieren = nach Kriegs- oder Ausnahmerecht durch ein Erschießungskommando hinrichten, standrechtlich erschießen

Das Funktionieren
– hinsichtlich Mann & Frau & der gesellschaftlichen Ordnung –

Das Patriarchat könnte blendend funktionieren
– werfen Sie nur einen Blick auf den Hühnerhof.
Unbekannt

Gesellschaftliches Funktionieren
Mit menschlicher Werte-Verschiebung

Für Ehrlichkeit ist kein Platz in der Gesellschaft.
Es geht nur ums Funktionieren und angepasst sein.
© Damaris Wieser (*1977), deutsche Lyrikerin und Dichterin

Der funktionierende Ausklang

Kommunikation ist immer Stimmungsmache, denn jeder Mensch, jede Partnerschaft, jede Familie, jede Organisation, jedes Unternehmen und jede Gesellschaft funktionieren gleich: Nur wenn es intern stimmt, kann es extern klingen.
© Ringo Jünigk (*1976), Dipl.-Kommunikationswirt und emanzipatorischer Linker

In diesem Sinne wünsche ich Euch
eine beschwingte, verantwortungsbewusste Zeit,
um euch lustvoll in die Gesellschaft einzubringen
herzlichst Eure Ute Weiss-Ding