Eifrig suchender Neid


Wochentipp – Thema
Einfach so – (zeitlos) so einfach
Neid zerreißt die Herzen.

Arnold Böcklin

Arnold Böcklin

Die Neider sterben, nimmer stirbt der Neid.
Molière (1622 – 1673), französischer Komödiendichter und Schauspieler, Quelle: »Préface au Tartuffe«, (1664) 1667

 

Die wohl toxischste der sieben Todsünden ist der in uns Menschen leise schlummernde, gelbliche Neid, welcher meist mit der Eifersucht und der Missgunst im Verbund daher kommt.

Übersicht:
Dieser wenig erquickliche Wesenszug ist einer von den sieben Lastern der Menschheit.

Entstehung: Der ursprünglich vom Wüstenmönch Evagrios Pontikos um 390 aufgestellte Lasterkatalog mit acht Hauptsünden wurde von Papst Gregor dem Großen († 604) auf sieben fixiert, den sogenannten „Todsünden“. (Genaueres dazu siehe unten)
Definition:
Die Todsünden sind wissentliche und freiwillige Übertretungen des göttlichen Gesetzes in einer schweren Weise. 

Angelehnt an die sieben schlechtesten Charaktereigenschaften, die immer wieder variiert wurden, wurden die einzelnen „Sünden“ definiert:

Arnold Böcklin

Arnold Böcklin

Aus dem Motiv des Neides heraus sind verbrecherische Delikte keine Seltenheit, beginnend mit dem Geschwister-Neid, welchen wir schon in der Bibel nachlesen können – mit Kain, der seinen Bruder Abel erschlug.
Es gibt so viele, so unendlich viele Ausdrucks-Spielarten von Neid, angefangen bei übler Nachrede, Mobbing, Brandstiftung, Vandalismus bis hin zu versuchter Vergiftung seiner Konkurrenten(innen) und der brutalen Straftat der Tötung.
Neidgefühle sind schnell entfacht, Reichtum, Schönheit, Erfolg, der schönere Garten, die luxuriösere Wohnung, das schönere, größere Auto der Nachbarn usw. oder die Kollegin oder der Kollege verdient bei gleicher Arbeit und gleicher Betriebszugehörigkeit mehr Geld.

Zusätzlich wird vom Kapital des Konsums dieser unbändige, gierende Wunsch des „Das muss/will ich auch haben“ gesteuert und immer wieder neu erweckt.

Der Neid schwabbelt untergründig in unserer Gesellschaft hin und her.
Würde Neid direkt und offen praktiziert werden, würde er unsere Gesellschaftsform zerstören. Man schaue sich hierzu nur die bürgerliche Politikverdrossenheit an. Neid könnte hier doch glatt eine Revolte lostreten.

Oder wird die menschliche Neid-Disposition gar von Behörden und Institutionen wohlig über ordnende Systeme wie die Steuer dazu  benutzt um uns ruhig zu halten?
Siehe hierzu auch das alte politische Prinzip „divide et impera = teile und herrsche“, welches bedeutet, man solle ein Volk in Untergruppen aufspalten, damit sie leichter zu beherrschen seien.

Sind wir daher aufgefordert uns unseren Neidgefühlen bewusst zu stellen und diese zu kontrollieren, um die Gesellschaft so, wie sie bis dato strukturiert ist – nicht zu zerstören?

Arnold Böcklin

Arnold Böcklin

Dagmar Schulze Heuling beschrieb es sehr treffend in ihrem Buch „Lob der Ungleichheit“ auf der Seite 85, gestützt auf Helmut Schoeck‘s Buch „der Neid, Eine Theorie der Gesellschaft“

Originaltext, überarbeitet:
Es sind die kleinen Unterschiede die neidisch machen, das hat verschiedene Gründe. Sicherlich wären viele Menschen gerne Königin eines eigenen Landes, sehr intelligent, musikalisch, ausgesprochen begabt oder etwas ähnliches, das sie äußerst positiv besetzen. Doch sind dies Dinge, auf die sie keinen Einfluss haben.
Neid richtet sich aber typischerweise auf etwas, das nicht gänzlich unerreichbar scheint, also auf etwas, was nach subjektivem Eindruck vorstellbar und erreichbar ist.

So ist es nun einmal realistischer eine Lohnerhöhung im Beruf und eine „Gnadenvier“ in der Schule zu erhalten, sowie typische Vorkommnisse im Leben von Kollegen/innen und Mitschülern/innen, als eine vermögende adlige Herkunftsfamilie und überragende Intelligenz.
„Es ist nicht der Luxus an sich, über den man sich erbost, sondern die Unmöglichkeit in der modernen Gesellschaft, uns als Menschen vom Luxus fernzuhalten.“
Am meisten durch die Furcht vor dem Neid ihrer Mitmenschen gehemmt, sind Naturvölker und die Menschen in den Dörfern der Entwicklungsländer. Deren Wohlstand ist, aus westlicher Perspektive betrachtet, nicht groß. Folglich ist auch das Wohlstandsgefälle, verglichen mit dem, was der westlichen Beobachterin bekannt ist, recht gering. Dass Neid in vielen dieser Kulturen aber eine so zentrale Position einnimmt, zeigt, wie wenig der Neid von großen Unterschieden abhängt.

Arnold Böcklin

Arnold Böcklin

Ständiges Vergleichen ist in unserer Gesellschaft Gang und Gäbe. Hier wundert es mich nicht, dass dieses ewige Konfrontieren mit der Ungleichheit, auch Ungerechtigkeit üble Gemeinheiten freisetzen kann. Sich dem Wettbewerb des ständigen Vergleichens erst einmal  bewusst zu werden, kann den Einzelnen dann zu persönlichen Gegenmaßnahmen inspirierend anregen.
Rein gesellschaftlich gesehen, ist eine soziale Gleichheit erstrebenswert, eine Gesellschaft in der Chancen und vor allem Existenz-Aussichten gerechter verteilt wären.
Ich habe über Neid und Mangel schon in verschiedenen Wochentipps geschrieben, wer noch mehr darüber erfahren möchte kann dies gerne hier weiterführend lesen:

https://berlinspirit.de/neid-und-mangel/

https://berlinspirit.de/unbewusstes-glauben-fuelle-mangel-illusion/

Arnold Böcklin

Arnold Böcklin

Meine Lieben, es ist wie es ist – es wird immer eine Besserstellung Anderer in Form von Besitz, Status oder Privilegien geben, die man selber nicht besitzt.
Die Frage ist doch, was einen davon abhält sich seinen  negativen Gefühlen zu stellen, die einen durchfluten, welche angeheizt werden durch die eigene, persönliche, subjektive Wahrnehmung auf das sich Darstellende, wonach der Beneidete einfach besser dasteht und der Neider sich im Strudel seines Denkens benachteiligt schlechter fühlt.
Wer will sich schon mit seinen selbst produzierten negativen Gefühlen auseinandersetzen, ist ja auch mühsam, zeitaufwendig und unangenehm.
Ergo, projizieren wir doch einfach unsere nach Zerstörung lechzende Neid-Angriffslust auf den beneideten angeblichen Verursacher mit seinem Erfolg oder Vorteil.
Fatal kann ich nur sagen, denn giftig handelnd umgesetzt, ist Neid, Eifersucht, Hass oder Missgunst absolut kontraproduktiv. Dieses Verhalten kann die Gegenseite zwar verletzend treffen, aber alles Miese fliegt wie ein Bumerang zu uns zurück und wir fügen uns so selbst schmerzhafte Seelen-Verletzungen zu.
Besser viel besser ist es, sich seines Neides bewusst
zu sein und sich zu erlauben, dass er sich mitteilen darf. So konzentriere ich mich auf die fruchtbare Seite des Neides, denn da kann ich herausfinden, was mein Neid mir sagen möchte, nämlich woran es mir wirklich mangelt.
Hier kann ich dann ehrlich hinterfragen, ob ich das persönlich wahrhaftig möchte, woran mein Herz „angeblich“ hängt, mit wem ich mich wozu da so umtriebig vergleiche und ob ich das auch wirklich brauche.

Fragt euch womit ihr eure persönliche Zufriedenheit erreichen möchtet und könnt.
Selbstzufriedenheit durch ein gesundes Selbst-Bewusstsein zu erlangen, das fühlt sich dann aber so was von einem befreienden, beflügelnden und lebendigen, geborgenen GUUUUT in unserem Leben an.

Arnold Böcklin

Arnold Böcklin

  • Neid ist ein kompetenter Mangelberater ohne ungerechtes Vergleichen:
  • Wenn ich mit mir, samt all meiner Macken, bewusst im Reinen bin –
    denn hier bin ich einig mit mir.
  • Wenn ich anstelle des Neids, meiner Selbstachtung scharfen Auges Aufmerksamkeit schenke, wird die schreiende existenzielle Ungerechtigkeit und soziale Ungleichheit dieser Welt mein Herz durch keinerlei Gefühle der Missgunst aushöhlen können, denn Feindseligkeiten können zum Dauerschmerz der Seele verkommen.
  • Besser viel besser ist es, wenn ich stattdessen Verständnis, Dankbarkeit und Zufriedenheit zu meinen ständigen Begleitern berufe, diese schaffen Frieden in mir und mit meiner Umwelt.
  • Also erst nachdenken, Fakten schaffen, auf Gedanken und Gefühle achtgeben, dann achtsam Handeln. Üben, üben und immer wieder üben.
  • Der Neid in seiner zersetzenden, giftigen Form zerfrisst einen
    – wahre bewusste innere Zu-Frieden-Heit macht, einfach so – so einfach, geistesgegenwärtig glücklich.
    Ute Weiss-Ding
Arnold Böcklin

Arnold Böcklin

Die Entstehung der Sieben Todsünden

  • 390 n.Chr.: Lasterkatalog des Wüstenmönchs Evagrios Pontikos mit acht Hauptsünden,
    Ziel: Hilfe für Mönche in ihrem asketischen Leben Verlockungen zu widerstehen.
  • Papst Gregor der Große († 604): Anpassung des Lasterkatalogs an weltliche Bedürfnisse und Reduktion auf sieben sog. „Todsünden“:
    Überheblichkeit, Neid, Zorn, Geiz, Unkeuschheit, Unmäßigkeit, Trägheit

    • Die Todsünden sind wissentliche und freiwillige Übertretungen des göttlichen Gesetzes in schweren Sachen.
      Für die Schwere der Sünde sind drei Merkmale ausschlaggebend:
      Voraussetzung: Freiheit –
      Bewusstsein eine Grenze zu überschreiten –
      Wichtigkeit und Schwere einer Sache –
  • Der Katalog der sieben Todsünden: Einfaches und doch wohldurchdachtes System zur Beschreibung menschlicher Verhaltensweisen.
    Ziel: Erkennen schlechter Taten und Hinwendung zum Guten

Ich wünsche euch, dass ihr es euch erlaubt
euren Mangel im Leben zu erkennen, um diesen
dann genussvoll spürend in eurem Leben genießerisch erfüllen zu können
herzlichst eure Ute Weiss-Ding

Arnold Böcklin

Arnold Böcklin

Bilder:
Arnold Böcklin 1827-1901, war ein Schweizer Maler, Zeichner, Grafiker und Bildhauer des Symbolismus. Er gilt als einer der bedeutendsten bildenden Künstler des 19. Jahrhunderts in Europa.

Quellen:
Lob der Ungleichheit: Das Postulat der Gleichheit unter Legitimationsdruck von Michael von Prollius und Dagmar Schulze Heuling
Helmut Schoeck, Der Neid. Eine Theorie der Gesellschaft
Wikipedia und bpb.de/Die sieben Todsünden: Heute noch relevant?