Die Qual der Wahl


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Das Wochentipp – Thema:
Die Qual der Wahl –
Wer die Wahl  hat – hat die Qual …

Notwendigkeit nimmt uns die Qual der Wahl ab.
Luc de Clapiers, Marquis de Vauvenargues (1715 – 1747), französischer Philosoph, Moralist und Schriftsteller

Entscheidungen aus der Vielfalt von Möglichkeiten treffen zu müssen, ist für mich einfach frustrierend.
Ich bin mal wieder dem Aufräumwahn verfallen und trenne mich zurzeit von allem, von dem ich da so vermeine es nicht mehr zu benötigen. Ich liebe es immer wieder Platz zu schaffen, denn „Mut zur Lücke“ hatte ich schon immer.

Nur die Arbeit, die damit bedingt einherschreitet, finde ich für mich äußerst anstrengend, denn hier darf ich mich

1. von Dingen die sich von selbst überholt haben und
2. auch von liebgewonnenen, nicht-realisierten Projekten oder Wunschträumen aus der Vergangenheit verabschieden.

Ich habe also die Qual der Wahl von dem,
a) was brauche ich wirklich noch, weil es mir dienlich ist,
b) was möchte ich jetzt noch behalten, weil ich mich jetzt noch nicht von diesem trennen kann,
c) was darf mich endgültig leicht verlassen.

Das heißt zum Beispiel bei meinen „Papier-Unterlagen“, alles nochmal durchschauen und „anlesen“, bevor sie dem tödlichen Reißwolf zum endgültigen Schreddern preisgegeben werden.
Ich liebäugele ja immer mal wieder mit dieser Art von Wochentipp-Themen, denn hier kann ich mein Aufräum-Trauma mit der Qual der Wahl des Loslassens – „einfach so – so einfach“ loswerdend verabschieden.
Wer Lust hat, darf (hoffentlich) für sich etwas mitnehmen – bevor er quälend die zu wählenden Dinge los lassen kann.

Oh je, was tun, wenn mir der Mut zur klaren Linie der Entscheidungsfreude fehlt? 

Hier benötige ich, bitte sofort, ein Stärkungsmittel, denn was wäre – wenn ich nun die vernichteten Unterlagen doch noch einmal benötigen würde oder dieses Kleid anziehen möchte, welches jetzt schon in einer Kleiderkammer weilt?

Och Mensch, es hilft nichts, es kostet tatsächlich mehr Zeit und Mühe, meine persönlichen Auswahl-Kriterien im Vorfeld festzulegen, bevor ich zur Tat des Aussortierens schreite. Denn ich möchte nicht, dass ich hinterher irgendetwas bereue oder gar in Frage stelle, also lieber im vornherein mehr Zeit ins Nachdenken investieren und die Unterscheidungsmerkmale festlegen:

a) von dem was bleibt,
b) was geht
c) was noch nicht reif ist losgelassen zu werden.

Hier akzeptiere ich mein späteres Vorgehen bei der Auswahl viel leichter.
Die Qual der Wahl verringert sich hiermit für mich ganz gewaltig und alles geht mir leichter von der Hand.
Ok, die Freude an meiner eigenen Wahl könnte im Nachhinein schon geschmälert werden, wenn ich mich meinen Zweifeln ausliefern würde, das aber umgehe ich, weil ich ja in aller Ruhe abwäge und entscheide. Ich glaube, dass dies der wirkliche Kraftakt ist, sich dieser entscheidungsfindenden Ruhe hinzugeben.

Ich vertrage zum Beispiel keine Musik oder Laute aus dem Fernseher, während meiner Aufräumaktionen. Ich brauche diese Konzentration auf das Wesentliche und da darf mich nichts ablenken. Jedenfalls habe ich noch nie das Gefühl gehabt, etwas nach meinen Ordnungsaktionen zu vermissen.

Auch finde ich es sehr wichtig für mich, mich von den Dingen zu verabschieden, indem ich ihnen danke, dass sie mir auf ihre Art lange Zeit nützlich behilflich waren. Mir fällt dabei auf, dass ich mich da im Besonderen von meinen Schuhen verabschiede… Wie ihr ja wisst, bin ich ja eh eine Freundin von hilfreichen Ritualen denn dadurch kann das Loslassen von Altem von mir einfacher gestaltet werden.

Das was mich nährt, wird seinen Platz behalten, weil es mir Energie schenkt.
Das was mich schwächt, wird seinen Platz räumen, weil es mir Energie nimmt.

Meine Lieben, im Falle des ordnungsschaffenden Aussortierens können einfache, vor allem wenige Entscheidungshilfen sich als wirksamer erweisen, als sich zu viele Kategorien von Informationen hinzugeben.
Es reicht völlig aus, sich wie zum Beispiel bei Kleidung, sich seinen Kleiderschrank genauer anzuschauen.
Denn was ich saisonal betrachtet schon im letzten Jahr nicht mehr getragen habe, kann getrost weggeben werden, denn hier kommt garantiert kein Einsatz mehr. Hier wird Platz, Luft und Raum geschaffen.
Sollte dennoch mein Herz noch an einem überholten Kleidungsstück hängen, ja, dann muss es eben hängen bleiben und mein Preis den ich dafür bezahle heißt, Platz dafür hergeben zu müssen.
Gute Basis-Kleidung und geliebte Modestücke werden bleiben.
Hier reichen diese wenigen Kategorien zur Entscheidungsfindung sicherlich aus und ich habe darin Übung, denn zweimal im Jahr geht diese Prozession bei mir vonstatten.

Wohl aber weiß ich, dass sich viele im Hergeben, dem Loslassen von geliebten Dingen schwer tun.
Meine Empfehlung dazu lautet, sich die Annehmlichkeiten eines luftigeren Kleiderschrankes vorzustellen.
Auch die Ausführung davon, dass meine noch gut erhaltene Winterjacke einem anderen Menschen Wärme schenken könnte, kann mich mit meinem angeblichen „Verlust“ aussöhnen.
Das Gleiche gilt für Möbel und anderen Hausrat aus unserem Inventar. Ich persönlich gebe Dinge ab, denn es gibt immer Stellen, welche kostenlos Sachen abholen und der Wiederverwertung zuführen. Andere haben Spaß daran auf Internetportalen ihre Sachen zu verkaufen.

Mit der Qual der Wahl aus der Vielfalt der Möglichkeiten heraus sich zu entscheiden, ist sicherlich im Vornherein von zeitaufwendiger, mentaler Denkarbeit geprägt, aber das im Nachhinein aussortierende, handelnde Entscheiden, das fühlt sich dann aber so was von einem befreiendem, lustvollen und dankbaren GUUUUT an.
Um mir einen geistigen „Durchfall“ zu ersparen, habe ich mir erst einmal eine Pause gegönnt, bis es mit dem Aussortieren weiter geht.

Die Wahl der Qual – das Shoppen

Belastbare Masochisten ergänzen Shopping am Vormittag
konsequenterweise durch Zapping am Nachmittag.
Zur Qual der Wahl kommt so auch noch die Wahl der Qual.
© KarlHeinz Karius (*1935), Urheber, Mensch und Werbeberater, Quelle: Karius, WortHupferl-Edition. WortHupferl-Verlag

Die Wahl der Qual – der Bund der Ehe

Eheliche Entwicklung:
Das Resultat der Qual der Wahl war die Wahl der Qual.
© Dr. Sigbert Latzel (*1931), Germanist, Philosoph, Schriftsteller Quelle: »Stichhaltiges«, St. Michael, Österreich, 1983 erschienen im J.G. Bläschke Verlag

Die Wahl der Qual – politisch

Die Qual der Wahl: Ich wähle nur noch die Partei,
von der ich am wenigsten enttäuscht bin.
© Ernst Ferstl (*1955), österreichischer Lehrer, Dichter und Aphoristiker, Quelle: »Wegweiser«, 2005

 

Des Politikers größte Qualen sind verlorene Wahlen.
© Prof. Querulix (*1946), deutscher Aphoristiker und Satiriker

Die Wahl der Qual – das Schlusswort

Wer die Wahl hat, hat die Qual,
doch manche Qual läßt keine Wahl.
© Helga Schäferling (*1957), deutsche Sozialpädagogin

Ich wünsche euch
bei euren persönlichen Entscheidungen
der Qual der Wahl humorvoll zu begegnen und
genießt danach einfach dieses luftige sich befreiter Fühlen
herzlichst eure Ute Weiss-Ding