Das Mäuslein Sambar


…oder die treue Freundschaft der Tiere
mit dem Wissen um die Verschiedenheit…

Maus

Ein Märchen nach Ludwig Bechstein

Es war einmal:

  • Ein Baum der mitten in einem prächtigen Wald stand und auf diesem hatte ein Rabe sein Nest.
  • Eines Tages kam ein Vogelfänger, der Samen rund um den Baum auf dem Boden verteilte, ein Fangnetz spannte und sich auf die Lauer legte.
  • Der Rabe erschrak und hatte Angst, dass der Waidmann sein Jagdzeug seinetwegen oder wegen anderer Tiere ausgelegt hatte.
  • Eine ganze Schar von Tauben, von einer Anführerin geführt, kam angeflogen und sah nur die köstlichen Körner, übersah die Falle und schon schlug das Netz zusammen und bedeckte sie alle.
  • Der Waidmann freute sich, die Tauben flatterten wild unter dem Netze.
  • Da sprach die Taube, welche die Führerin war, zu den anderen Tauben: „Verlasse sich keine auf sich allein und habe keine sich selbst lieber als die Andern, sondern lasset uns alle zugleich aufschwingen, vielleicht dass wir das Netz mit in die Höhe nehmen, so erledigt eine Jegliche sich selbst und die Andern mit ihr.“
  • Gesagt – Getan, die Tauben waren sich einig und flogen gemeinsam in die Höhe.
  • Solange sie aber dem Weg folgend flogen, konnte der Waidmann ihnen folgen.
  • Also sprach die Anführerin: lasset uns über Berge und Täler fliegen so kann uns der Waidmann nicht fangen. Nicht weit von hier ist eine Schlucht, da wohnt eine Maus, meine Freundin, ich weiß, dass, wenn wir zu ihr kommen, sie uns das Netz zernagt und uns erlöst.“
  • So geschah es, dass der Waidmann von der Verfolgung abließ.
  • Der Rabe aber, der alles mitbekommen hatte, folgte langsamen Fluges der noch gefangenen Taubenschar, denn er wollte sehen was aus dieser Geschichte werden würde, und auf welche Weise sich wohl die Tauben von dem Netz entledigen würden, und ob er von ihnen nicht lernen werde, in eigener Gefahr ihr Rettungsmittel zu gebrauchen.
  • Die Tauben erreichten die Schlucht wo das Mäuslein Sambar lebte. „Sambar“, die kleine Mäuse-Freundin der Anführerin der Tauben hatte wohl an die hunderte Ein- und Ausgänge ihrer unterirdischen Wohnung, um bei drohender Gefahr sich verbergen zu können.
  • Nachdem die vorsichtige Sambar ihre Freundin, die Taube erkannte, wollte sie wissen wie es zu dieser „Verstrickung“ kam.
  • Und die Taube erzählte ihr, dass wohl keiner lebte, dem das Schicksal in seiner Lebens-Zeit nicht ein lästiges Leid schickte, denn der Betrügerinnen arglistigste ist die Zeit!
    Denn hätte ich zu dieser Zeit gewusst, dass die süßen Weizenkörner eine Falle sind, dann hätte ich das trugvolle Netz gesehen, in das ich mit meinen Freundinnen hineinfiel.
  • Auch bestand die Anführerin darauf, dass, das Mäuslein Sambar zuerst ihre Gesellinnen befreite, da diese ihr als Führerin ja schließlich willig gefolgt wären und sie in der Zwangslage alle zusammengehalten hätten und durch die Gemeinsamkeit es geschafft haben sich in die Lüfte zu erheben.
  • Darauf sprach das Mäuslein: „O liebe gute Taube, Taubenherz; viele Ehre macht Dir diese Gesinnung und muss die Liebe stärken zwischen Dir und Deinen Gesellinnen.“ Und sie zernagte das Netz allenthalben, und die Tauben flogen frei und fröhlich ihren Weg, die Maus aber schlüpfte wieder in ihr Löchlein zurück.
  • Dies alles hatte der Rabe mitangehört und gesehen. Seine Gedanken kreisten unaufhörlich, was würde geschehen, wenn auch er mal in solch eine Gefahr kommen würde?
    Es wäre doch sehr angenehm solche Freunde wie dieses Mäuslein Sambar zu haben und er wollte dies sogleich befragen ob sie nicht auch seine Freundin werden wolle.
  • So rief er sie und bot ihr seine Freundschaft an, das kluge Mäuslein Sambar antwortete zwar, aber ließ sich nicht beim Raben blicken. Denn Freundschaft könne es zwischen ihm, dem Raben als Fresser von Mäusen und ihr dem Mäuslein als Fraß, nicht geben, denn ein Weiser strebt nur zu erlangen, das was möglich ist, und für unweise gilt, der das Unmögliche erringen will.
  • Zwar versuchte der Rabe das Mäuslein Sambar zu überzeugen, dass sie nur lebendig als beständige Freundin von Nutzen sei, als denn verspeist und tot.
  • Da antwortete das Mäuslein Sambar:
    „Wisse, Rabe, der Hass der Fress-Begierde führt zur größten Feindschaft.
    Löwe und Elefant hassen einander ihrer Stärke halber, das ist eine edle und gleiche Rivalität des Mutes, und des Streites;
    ABER der erbliche Hass des Starken gegen den Schwachen, das ist ein unedler und ungleicher Hass; so begehrt der Habicht das Rebhuhn, die Katze die Ratte, der Hund den Hasen, und Du – mich (zu fressen).
  • Die Weisen sagen:
    Wer seinem Feind anhängt, gleicht dem, der eine giftige Schlange in seine Hand nimmt; er weiß nicht, wann sie ihn beißen wird. Der Kluge traut seinem Feinde niemals, sondern er hält sich fern von ihm, sonst geschieht ihm, wie einst dem Manne mit der Schlange geschah.“
    Der Rabe fragte: „Wie geschah dem?“ und da erzählte ihm die Maus das Märchen von dem Manne mit der Schlange! Und für uns ist das Märchen hier aus.


Was nehme ich mir mit?

Wir vertrauen gerne darauf, dass das was wir gehört oder gesehen haben auch gut und wahr sein würde. Dieser Vertrauens-Vorschuss – den wir gegenüber  Menschen oder Situationen  im Vorfeld gewähren, ist eine naive Art von Vertrauensseligkeit und birgt eine ungesunde Arglosigkeit in sich, die sich gegen uns wenden könnte ABER … da wir klug sind und wissend um die menschliche Verschiedenartigkeit, vertrauen wir unserem ersten inneren Impuls und unserem klaren Denkvermögen und das meine Lieben fühlt sich dann aber so was von einem klugen, vertrauensvollen, lebendig gelebten GUUUUT  für die Dauer unseres Lebens an…